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Am Sonntagabend - noch abgefüllt mit den zahllosen Eindrücken von vier prallen Tagen auf dem Comicfestival – kaufte ich mir die drei großen Münchner Tageszeitungen. Ich hatte nicht mit großen abschließenden Berichterstattungen gerechnet, war aber doch entsetzt darüber überhaupt keine Notiz über das Festival zu finden. Leider gibt es meist nur Ankündigungen im Vorfelde und mehr nicht. Daher - und auch weil ich sehr stark in die Durchführung der Veranstaltung eingebunden war - an dieser Stelle einige sehr persönliche Eindrücke vom Comicfestival.

 
    
Das Alte Rathaus

Zunächst war ich höchst skeptisch als zu erfahren war, dass das direkt am Marienplatz gelegene Alte Rathaus und die mir nicht weiter bekannten Kunstarkaden die neuen Veranstaltungsorte sein sollten.

Ich fühlte mich erinnert an die beiden Hamburger Comic-Salons, die Anfang der Neunziger Jahre in den zentral am Hauptbahnhof gelegenen Deichtorhallen durchgeführt wurden und sich ebenfalls anschickten mit dem Comic-Salon in Erlangen zu alternieren. Das Vorhaben scheiterte ganz sicher auch daran, dass außerhalb der heiligen Comichallen das übliche Großstadt-Treiben herrschte und natürlich keinerlei Rücksicht auf den Comic-Salon nahm. Ganz im Gegensatz zu Erlangen war es nahezu unmöglich innerhalb des weitläufigen Hamburgs auch einmal zufällig auf alte Bekannte zu treffen. Dies drohte meiner Meinung nach auch in München.

Ein allzu diensteifrige Münchner Pförtner, der mir dann auch noch, als ich einen kurzen Blick auf den Festsaal im Alten Rathaus werfen wollte, den Zugang verwehrte (“Da müssen Sie erst den Herrn Sowieso drüben auf Zimmer Sowieso um Erlaubnis fragen.“), steigerte die Vorfreude ebenfalls nicht gerade.

 

 
    
Der Festsaal im Alten Rathaus

 

Doch nachdem im Rahmen der Pressekonferenz und Aufbauarbeiten endlich Zutritt zum großen Saale möglich wurde, war ich angesichts der Dimensionen und der Pracht des riesigen Raumes mit der kunstvoll verzierten gewölbten Decke mehr als angenehm überrascht und Vorfreude machte sich breit.

Die Vernissage am Mittwoch war dann leider eher zweckmäßig, recht schwach besucht und daher auch schnell vorbei. Doch die folgenden vier Tage wurden von allen von mir befragten Anwesenden als eine äußerst schöne Zeit empfunden.

Am Donnerstag war ich mit drei Programmpunkten vertreten. Zum Auflockern gab es zunächst einen äußerst entspannten Talk mit Michael Kompa. Dieser nahm vor nahezu exakt zehn Jahren als einziger persönlich eingeladener Deutscher in Disneyland Florida an Carl Barks 96. Geburtstag teil. Michael zeigte einen Film über das Ereignis und hochinteressante Highlights aus seiner Comic-Originale-Sammlung, darunter Barks-Tribute-Bilder von prominenten Disney-Zeichnern.

 
    
Ralf Palandt und die Catwalk Courture

 

Anschließend folgte im Festsaal unter dem Motto "Eigenproduktion oder Fremdmaterial?" eine Talkrunde mit vier Vertretern aus fünf Comic-Verlagen (oder war es umgekehrt?), die mich mit einigen akustischen Tücken des Saales konfrontierte.

Als nächster Programmpunkt folgte der höchst professionell durchgeführte Modenschau-Wettbewerb “Catwalk Couture für Superheldinnen – Fashionshow vom Catsuit bis zum Abendkleid“, den "Mothgirl" für sich entscheiden konnte.

Diese Veranstaltung nahm ich jedoch nur aus den Augenwinkeln wahr, da ich gegen einige technische Probleme kurz vor Beginn der PENG!-Preisverleihung zu kämpfen hatte und auch noch einen richtigen Zeitpunkt zum Auftritt der Kauka-Walking-Acts (Bussi Bär, Lupo sowie Fix und Foxi mit vertauschten Köpfen) finden musste.

 
    
Alexandra Kauka, Claudia Schöne, Heiner Lünstedt

 

Doch in Anbetracht des Chaos, das noch kurz zuvor herrschte, ging die Veranstaltung dann doch recht flott über die Bühne. Dies lag auch an meiner Co-Moderatorin Claudia Schöne, auf die mich immer voll verlassen konnte und natürlich an den bewährten musikalischen Partnern Alex Haberkorn und Tinno Niekerke.

Ich möchte mich auch noch bei Animexx, die den Manga-Preisträger ermittelten, den Laudatoren Rainer Schneider, Gerhard Schlegel, Reinhold Reitberger, Rainer German, Carlo Knorr, Michael Kompa, dem sehr kurzfristig eingesprungenen Wolfgang J. Fuchs sowie bei Fredi Öttl für seine sehr lustige Einlage bedanken.

Die PENG!-Preisträger sind hier zu erfahren

Festlicher Höhepunkt war schließlich die Verleihung des Preises “Lebenswerk“ an Frau Alexandra Kauka.

 
    
Christoph Schöne

 

Auch der Freitag begann für mich mit einem sehr entspannten Talk, diesmal mit meinem alten Kumpel Christoph Schöne, dessen von ihm neu gestaltete “Wickie“-Bücher zu wahren Bestsellern geworden sind. Als musikalischen Ausklang war eine herrlich schräge Improvisations-Version des “Wickie“-Liedes von Caro Ennemoser und Helmut Reimschlüssel zu hören.

Als nächstes stand eine Gesprächsrunde zum Thema “Fix und Foxi Forever“ auf dem Programm. Zuvor hatte es mit Kauka Promedia einiges Hin und Her bezüglich der der hervorragend gestalteten und mit sehr vielen Originalen ausgestatteten Rolf-Kauka-Ausstellung gegeben. Anscheinend wollte die Firma unbedingt ins Guinness Buch der Rekorde, denn unter jede Tafel in der Ausstellung musste mit “World Copyright: © Rolf Kauka 1953/2000 & Kauka Promedia, Inc. 2001/2007. Alle Rechte vorbehalten! Kauka Licensing by: Andromeda ccm gmbh“ ein weltweit wohl konkurrenzlos langer Copyright-Vermerk platziert werden.

Doch während des gesamten Comicfestivals und auch im Podiumsgespräch war Frau Kauka ausgesprochen entspannt und unkompliziert. Sie ließ es sich auch nicht nehmen bei einer Signieraktion Mangafiguren zu zeichnen.

 
    
David Lloyd, Heiner Lünstedt

 

Abends trafen sich dann noch zahlreiche Comicleute im “Weissen Brauhaus“. Hier hatte ich die Möglichkeit mich sehr ausführlich mit “V wie Vendetta“-Zeichner David Lloyd zu unterhalten, mit dem ich am nächsten Tag ein Podiumsgespräch hatte und von dem ich mich zu meiner Schande auf der Bühne mit “Thank you, Mr. Moore" verabschiedete.

Der Samstag begann für mich mit einem Talk mit dem Nachwuchszeichner Simon Sieber. Dieser war kürzlich in Tokio und zeigte Bilder vom Museum des legendären Trickfilmstudios Ghibli und erzählte u. a. von den Tücken japanischer Hightech-Toiletten.

Einige Besucher vermissten zwar eine Comicbörse, doch insgesamt verlief das Festival sehr gut. Es war zu erfahren, dass die Besucherzahlen deutlich höher lagen als beim Comicfest München 2005. Auch die nahe gelegenen Kunstarkaden bewährten sich als Veranstaltungsort und die kurzen Fußmärsche zwischen den beiden Schauplätzen sorgten für angenehme Begegnungen mit alten und neuen Bekannten. Da außen am Alten Rathaus leider nicht geworben werden durfte, mussten die sehr häufig vor dem Eingang flanierenden Kauka-Walking-Acts für Aufmerksamkeit sorgen.

 
    
Carlo Knorr

Den Samstagabend eröffnete die Verleihung des “ICOM - Independent Comic Preis 2007“. Hier war die Münchner Comicszene (laut-) stark vertreten, zunächst einmal durch den sonoren Dauer-Laudator Carlo Knorr, der sich hierfür mit seiner Darbietung beim PENG!-Preis qualifizierte, aber auch durch die Zeichner von WOC die für “Die Zauberflöte“ prämiert wurden und durch Frank Cmuchal der für seinen Beitrag zum Comicaze-Album “Bullengeschichten“ lobend erwähnt wurde.

Die ICOM-Preisträger sind hier zu erfahren 

Bevor dann schließlich Fil den Saal zum Kochen brachte, hatten sich noch die Verleiher des “Goldenen Spacken“ vorgedrängelt und machten schlechte Witze über schlechte Witze. Weitere Infos hier.

Was soll man zu Fil noch sagen. Ich hab noch nie ein Saalpublikum so lauthals und dauerhaft lachen gehört wie bei seinen Auftritten. Fil ging mit einigen Beiträgen sogar brandaktuell auf das Comicfestival ein und machte seinem Unmut darüber Luft, dass Reinhold Kleist nicht auf ihn gehört hatte und anstatt sich lieber erst einmal ganz vorsichtig an einer Comicbiografie über Brigitte Mira oder Freddy Quinn zu versuchen, sich gleich auf “Cash“ gestürzt hatte und dafür sogar noch den PENG! bekommen hatte. Yippie yi Ohhhhh, Yippie yi yaaaaay!

Im Anschluss daran ließ ich mich noch überreden zur Comicparty in der gleich um die Ecke gelegenen Kellerdisco Zerwirk zu gehen. Dort erlebte ich so einiges, u. a. Daniel Torres als rastlosen Tänzer.

 
    
The Witz-Winner is Thomas Gilke

 

Auch am Sonntag fertigten den ganzen Tag über noch einmal zahlreiche prominente Comickünstler - dank des starken Engagements von Eckart Schott - bei sehr kurzen Wartezeiten phantastische Zeichnungen für die Fans an. Ich hatte zunächst die drei Sieger des Comicaze-Zeichenwettbewerbs "Der Witz" zu präsentieren. Noch vor Ingrid Sabisch und dem Gemeinschaftswerk von Gabriel Nemeth & Florian Julino konnte sich Thomas Gilke mit dem hier abgebildeten Werk den ersten Preis sichern. Da auch die Grafik des Münchner Comicpreises von ihm stammte, erhielt Thomas auch noch einen Sonder-PENG! im Bereich "Bester Witz". Etliche der durch die Bank sehr gelungenen Beiträge werden in der extradicken nächsten Ausgabe von Comicaze abgedruckt.

Anschließend gab es ein Gespräch mit Jan Reiser ("Sticks und Fingers"), dem eine äußerst gelungene Präsentation seines aktuellen Werkes folgte. Jan Reiser hatte die vom Münchner Schriftsteller Franz von Kobell verfasste “De Gschicht vom Brandner Kasper“ bebildert. Der wie die Hauptfigur vom Tegernsee stammende Zeichner setzt in seinen Illustrationen auch Comic-Stilmittel ein. Seine Zeichnungen ergänzen die Geschichte optimal und entfalteten auf dem Festival parallel zu einer Lesung in Mundart durch den Tegernseer Volksschauspieler Hanno Sollacher jenseits von allem Multimedia-Schnickschnack ihre volle Wirkung.

 
    
Die Comicforscher-Runde

 

Noch einmal wurde der Signierbereich zum Podium und abschließend leitete ich unter dem Motto "Superman in der Gartenlaube" eine Podiumsdiskussion mit Eckart Sackmann und den Comicforschern Anne Hoyer, Ralf Palandt, Helmut Krontaler und Burkhard Ihme, die teilweise auch als Autoren in den zugehörigen Jahrbücher aktiv sind.

Obwohl bereits viele Aussteller ihre Messestände abgebaut hatten, blieben zu unserer Talkrunde dennoch einige sehr aufmerksame Zuschauer. Für Heiterkeit sorgten Ralf Palands Ausführungen über einige vom "Nick Knatterton"-Zeichner Manfred Schmidt mit harmlos-neckischen Illustrationen versehenen MVV-Fahrscheine. Diese erregten Anno 1955 eine Münchner CSU-Stadträtin so stark, dass das Thema wegen angeblich “zuviel Sex“ zum Tagungspunkt einer Stadtratsitzung wurde. Auch das übrige Gespräch verlief sehr abwechslungsreich und zeigte wie wichtig es ist die Ursprünge des Medium Comic nicht aus den Augen zu verlieren.

 
    
Ralf Palandt , Gerhard Schlegel

 

Abschließend war es mir ein Bedürfnis Ralf Palandt und Gerhard Schlegel auf die Bühne zu bitten und Ihnen zu danken. Die beiden Comicfestival-Organisatoren haben sich durch ihre höchst unterschiedlichen Temperamente und Comic-Vorlieben optimal ergänzt. Bei aller inneren Anspannung waren sie immer freundlich und hilfsbereit. Es ist zu hoffen, dass sie auch in zwei Jahren wieder die Veranstaltung organisieren.

Dass es auch ein Münchner Comicfestival 2009 geben wird, steht jedoch schon jetzt zweifelsfrei fest, denn ansonsten hätte mir Burkhard Ihme nie und nimmer diese sauschwere Kiste mit ICOM-Jahrbüchern zur Aufbewahrung gegeben. Burkhard, der die Bücher hier in München in zwei Jahren auf dem nächsten Comicfestival verkaufen will, hat damit einen mutigen Schritt in die richtige Richtung unternommen. Vielen Dank!

Hier geht´s zu einen schön bebilderten Comicfestival-Bericht von Eckart Sackmann

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