Abgefüllt
von den Eindrücken aus vier prallen Tagen auf dem Münchner
Comicfestival 2009 war es nicht eben einfach sich wieder
in den Alltag einzufügen. Bei einem guten Fest machen auch
die Vorbereitungen Spaß und die Gastgeber können mitfeiern.
Dies traf – genau wie Michael Kompas Leitmotiv “Gute Zutaten
– Guter Kuchen“ - voll und ganz auf die diesjährige Veranstaltung
zu. An Planung und Durchführung war ich stärker als vor
zwei Jahren beteiligt, daher hier - ohne jeglichen Anspruch auf
Vollständigkeit - einige persönliche Eindrücke vom
Festival.
|
 |
|
Das Küken die Maus und das Bier |
Nachdem
für das Comicfestival 2007
mit dem prunkvollen Festsaal des Alten Rathauses und den
Kunstarkaden zentral gelegene Locations gewonnen werden
konnten, kamen in diesem Jahr als Veranstaltungsorte noch das Valentin-Karlstadt
Musäum, die Schrannenhalle sowie das Bier-
und Oktoberfestmuseum hinzu. An letztgenanntem Ort fanden nicht
nur die Vorträge und Talkrunden statt sondern zugleich auch
eine Vorab-Vernissage zur äußerst gelungenen Präsentation
von Steffen Haas´ und Gunter Hansens Serie “Das
Küken die Maus und das Bier“. Passend zur Ausstellung
erschien auch ein zweiter Band mit den äußerst komischen
bierseligen Strips, die alle zwei Wochen in IN MÜNCHEN
erscheinen.
Der
nächste offizielle Programmpunkt war eine gut besuchte Pressekonferenz
im Alten Rathaus in der Festivalleiter Gerhard Schlegel
das abwechslungsreiche Programm vorstellte. Anders als 2007 gab
es diesmal sehr viele Beiträge in den Zeitungen, im Radio und im
TV. Als glücklicher Zufall erwies sich dabei, dass Donald Duck
zwei Tage vor Beginn des Festival seinen 75. Geburtstag feierte
und dies zu zahlreichen Medien-Beiträgen führte, die häufig auch
über das Festival und die von Michael Kompa bestens mit Originalen
bestückte Ausstellung von Carl Barks und 20 weiteren bedeutenden
Enten-Zeichnern berichteten.
|
 |
|
Lars
Fiske, Olaf G., Steffen Kverneland |
Ein
großartiges Erlebnis war es für mich bei der Hängung
der fünfzig Zeichnungen des Simplicissimus-Zeichners
Olaf Gulbransson zu helfen. Diese stammen aus Familienbesitz und
wurden noch nie zuvor öffentlich gezeigt. Da sich oftmals auf
der Rückseite der Originale noch zusätzliche Zeichnungen
befanden, war es nicht immer einfach zu entscheiden was präsentiert
werden sollte. Äußerst erfreulich war auch das Wiedersehen
mit den Norwegern Lars Fiske und Steffen Kverneland, die uns durch
ihre Künstlerbiografie “Olaf G.“
zur Gulbransson-Werkschau angeregt haben und selbst mit einer Ausstellung
geehrt wurden.
Am
Mittwoch gab es dann gleich zwei Vernissagen. Zunächst wurde im
Valentin-Karlstadt Musäum die Gulbransson-Ausstellung eröffnet
und anschließend ging es rüber ins Alte Rathaus. Hier deutete
sich durch die große Anzahl von Gästen bereits an, dass die Veranstaltung
in diesem Jahr auf sehr viel größeres Publikumsinteresse stoßen
würde. Durch Herbert Meilers eingespieltes Team, hochmotivierte
Praktikanten und viele mithelfende Freunde konnten zu diesem Zeitpunkt
schon alle Ausstellungen präsentiert werden. Auch der Abbau
verlief reibungsloser als erwartet.
|
 |
|
Die
Simpsons-Ausstellung |
Im
Alten Rathaus gab es Uli Oesterles beeindruckend aufgemachte
“Hector Umbra“-Ausstellung
zu bestaunen sowie Gretas Versionen
der Tijuana Bibles, allerlei zu Perry Rhodan,
"Olaf G." und Nhung Vus Manga "Keyla".
In den gleich um die Ecke gelegenen Kunstarkaden präsentierten sich
Comicaze ("Aus
der Schublade"), WOC
("Faust") und Thomas Gilke ("Leroy &
Dexter") und es wurden Ausstellungen zu “Wäscher
- Pionier der Comics“ (zu dieser von Gerhard Schlegel initierten
Tribute-Schau an der über 40 Comiczeichnern teilnahmen, ist
ein äußerst empfehlenswertes Album bei der Edition
52 erschienen), “75 Jahre Donald Duck“ und den “Simpsons“
gezeigt. Claudia Schöne dekorierte die Gegenüberstellung von Simpsons-Covern
mit den jeweils parodierten klassischen Comictiteln äußerst
stimmig mit Spider-Pig und dessen Hufabdrücken.
Am
Donnerstag um 10 Uhr öffnete das Comicfestival auch offiziell
seine Tore. Die nicht eben wenigen Besucher konnten – vorbei am
gestrengen Türsteher und flankiert von Biografien der anwesenden
Künstler - die breiten Treppen des Alten Rathauses hochschreiten
um die Messe zu besuchen. Hier waren diesmal nahezu alle bedeutenden
deutschen Comicverlage beteiligt. Es mußten zuletzt sogar
einige Absagen erteilt werden und es ist zu überlegen ob in
zwei Jahren die Ausstellungen nicht aus dem Alten Rathaus
ausgegliedert werden müssen.
|
 |
|
Unverzichtbar:
Der Türsteher |
Parallel
zur Messe fanden Signieraktionen statt, die zumeist von Eckart Schott
ermöglich und koordiniert wurden. Bei großteils moderaten
Wartezeiten konnten die Fans schöne Zeichnungen ergattern.
Selbst Altmeister Hansrudi Wäscher ließ sich zum ersten
Mal seit langer Zeit dazu hinreißen nicht nur zu signieren
sondern auch zu zeichnen.
Auch
das Programm im Bier- und Oktoberfestmuseum wurde am Donnerstag
gestartet und das urige Gebäude erwies sich als Glücksgriff.
Die Historie des Hauses reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück
und selbst viele alteingessene Münchner lernten erst durch
das Comicfestival diese zentral aber in einer Seitengasse gelegne
Location kennen. Das Team um Museumsleiter Lukas Bulka unterstützte
uns mehr als tatkräftig.
Der
“Der Donaldistische Donnerstag“ startete mit Wolle Strzyz
und Michael Kompa, die lustige Filmdokumente aus ihrer Zeit bei
der Band “Frankfurt goes to Gumpenbach“ zeigten. Anschließend
hielt Patrick Bahners, der Leiter des Feuilletons der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung, einen Lichtbildervortrag zum Thema "Der
Entenhausener Klassizismus".
|
 |
|
Ulrich
Schröder + Micky-Monster-Maus |
Die
Ankunft vom Disney-Zeichner Ulrich Schröder verzögerte
sich etwas und außerdem musste dieser vor dem Bier- und Oktoberfestmuseum
für den Bayrischen Rundfunk noch einen Donald
zeichnen. Die Zeit überbrückte ich gemeinsam mit Wolfgang J. Fuchs
in dem wir u. a. über den einige Tage zuvor gesehenen neuen Pixar-Film
“Oben" berichteten (und schwärmten).
Das
dann folgende Gespräch mit Ulrich Schröder, der auch noch auf Zuruf
vor Publikum zeichnete, war für mich eins der Höhepunkte des Festivals.
So nah wie durch seine lebendigen Erzählungen kommt man der
Disney-Legende selten. Dies gilt auch für die Erlebnisse von Wolfgang
J. Fuchs, der u. a. von seinen Begegnungen mit den "Enten-Legenden"
Walt Disney (dem er bei einer Verkehrsausstellung in München
"auflauerte") und Carl Barks erzählte.
Doch
dann hieß es sich sputen, denn die PENG!-Preisverleihung
im Alten Rathaus stand auf dem Programm. Hier gab es zunächst
noch einige technische Schwierigkeiten, denn der Beamer gehörte
zu uns, die Tonanlage jedoch zur Haustechnik. Bis das alles geklärt
war dauert leider eine Weile.
Doch
nachdem Christoph Schöne mir in den Smoking geholfen hatte,
ging - an der Seite seiner festlich gekleideten Frau Claudia - die
Vergabe der Preise doch noch recht flott über die Bühne.
Chriseff und Frank Cmuchal hatten sehr schöne passende Animationen
und Soundeffekte zur Preisverleihung entwickelt. Erfreulich war
auch, dass die Preisträger Flix ("Der
Swimmingpool des kleinen Mannes") und Émile Bravo
("Spirou – Porträt eines
Helden als junger Tor") eigens angereist waren.
Die
PENG!-Preisträger sind hier zu erfahren
|
 |
|
Die
PENG!-Preisträger |
Der
Höhepunkt war - neben Hartmut Beckers fast schon legendärer
"Rucksack-Laudatio" an Wolfgang J. Fuchs und Reinhold
Reitberger - sicherlich die Vergabe des Preises für das Lebenswerk
an den "kleinen großen Mann" (Süddeutsche
Zeitung) Hansrudi Wäscher, der auch zwei Tage später
beim Gespräch im Bier- und Oktoberfestmuseum äußerst
sympathisch und humorvoll war.
Knallvoll
war die an die Preisverleihung anschließende PENG!-Party
in der Glockenbachwerkstatt, wo am nächsten Abend
die ebenfalls sehr gut besuchte "Hector Umbra"
- Lesung von Uli Oesterle stattfand.
Als
etwas ärgerlich erwies sich die Tatsache, dass die Glockenbachwerkstatt
von uns nicht auch noch für den Samstagabend gebucht wurde. Ein
stattdessen vorgesehener Deal mit dem Schrannenclub klappte
nicht, denn der Türsteher akzeptierte die Comicfestival-Armbänder
nicht, sondern wollte Eintritt. Doch bis dahin hatten sich die angereisten
Besucher anscheinend soweit aklimatisiert, dass es trotzdem zu einem
Nachtleben kam.
|
 |
|
SÜPERMEN
DÖNÜYOR (aka Turkish Superman) |
Doch
zurück zur Chronologie. Am Freitag kamen nicht ganz so viele
Besucher wie am (Feier-) Tag zuvor, doch ansonsten lief alles wie
am Schnürrchen. Paramount präsentierte als deutsche
Premiere den Trickfilm "Watchmen
- Tales Of The Black Freighter",
Fiske und Kverneland führten durch die Gulbransson-Ausstellungen,
Ralf Palandt zeigte "Braune Comics?! Bilder vom rechten
Rand der Gesellschaft" und Steffen Haas am Abend seine
gut besuchte "Motionless Movie Show" .
Im
Werkstattkino startete die Filmreihe "Fantastic
Turkish Superheroes Cinema" mit äußerst lustigen
70er-Jahre-Werken wie "Süpermen Dönüyor",
die ganz ungeniert und ohne Rücksicht auf Verluste, Logik,
Lizenzen oder gar die limitierten Lowbudget-Möglichkeiten eigene
Varianten bekannter US-Superhelden auf die türkischen Leinwände
brachten. Mit 22 Uhr 30 wurde möglicherweise ein etwas zu später
Zeitpunkt für die Filmreihe gewählt, denn die Besucherzahlen
im Werkstattkino hielten sich in Grenzen. Nächstes
Mal experimentieren wir wahrscheinlich mit Nachmittagsvorstellungen
Nachdem
2007 von vielen Besuchern bemängelt wurde, dass keine Comicbörse
stattfand, setzten wir diesmal alles dran diesen Zustand zu ändern.
Ursprünglich war eine Open-Air-Börse geplant. Doch die
hierfür vorgesehene Straßensperrung war nicht möglich
und viele Händler waren auch nicht begeistert davon ihre Ware
im Freien zu präsentieren.
|
 |
|
Comicbörse
in der Schrannenhalle |
Doch
dann erreichte uns die hocherfreuliche Nachricht, dass die am Viktualienmarkt
gelegene 30 m breite und über 400 m lange Schrannenhalle,
die zuvor Insolvenz angemeldet hatte, für den Samstag angemietet
werden konnte. Mit Chris Krumm und Klaus Wintrich (der 2007 maßgeblich
an der Kauka-Ausstellung beteiligt war) fanden wir hochmotivierte
Partner, die Standplätze an über 60 Comichändler
vermieten konnten. Im Gegensatz zu ähnlichen Veranstaltungen,
die meist von Horror-DVD-Ständen dominiert werden, war es eine
wahre Wohltat einmal wieder eine “echte“ Comicbörse in München
zu haben und die Süddeutsche Zeitung widmete der Veranstaltung
einen großen Bericht.
Es
stellt sich die Frage welchen Weg die Schrannenhalle als Veranstaltungsort
geht und ob sie in zwei Jahren als Location noch anmietbar bzw.
bezahlbar ist. Dieses Mal wird das Comicfestival der Börse finanziell
wohl noch unter die Arme greifen und auch die große Menge an Besuchern
(bzw. Käufern) gab es in erster Linie weil gleichzeitig Comicfestival
war. Ich denke es wird schwierig außerhalb unserer Veranstaltung
eine regelmäßige Börse im Münchner Stadtzentrum zu veranstalten.
Doch schön wäre es schon und ich denke mit Wehmut an die Comicbörsen
am Nockherberg zurück.
|
 |
|
Der
Comic Salon Erlangen lädt ein |
Doch
die Schrannenhalle eignete sich nicht nur als Veranstaltungsort
für Börsen, sondern hier fanden auch ein gut besuchter Zeichenkurs
von Ulrich Schröder sowie Cosplay statt. Außerdem fanden am Samstag
im Bier- und Oktoberfestmuseum noch Künstlergespräche mit
Cyril Pedrosa (“Drei
Schatten“) und Goran Sudzuka (“Y
– The Last Man“) sowie ein Vortrag von Helmut Kronthaler
zum Trendthema “Graphic Novels“ statt.
Sehr
erfreut waren wir darüber, dass – nachdem das Comicfestival
München im Jahr zuvor mit einem Infostand in Erlangen
vertreten war - jetzt der Comic Salon Erlangen bei uns
zu Gast war. Bodo Birk und Britta Bock luden am Nachmittag zu fränkischen
Spezialitäten ein. Da werden wir uns fürs nächste
Jahr auch was einfallen lassen müssen...
|
 |
|
Fil,
Burkhard Ihme und Carlo Knorr |
Der
Samstagabend begann mit der Verleihung ICOM-Independent-Comicpreise.
Diese werden seit 1994 vergeben und sind im Gegensatz zum Max-und-Moritz-Preis
(aber auch zum PENG!, da werden wir uns noch was überlegen)
mit insgesamt 2.000 Euro dotiert. Burkhard Ihme moderierte die Preisverleihung
und die Laudatios verlas sonor wie schon vor zwei Jahren “Der Modulator“
Carlo Knorr.
Die
ICOM-Preisträger sind hier zu erfahren
Am
Anschluss sorgte auch diesmal wieder der eine und einzige Fil (“Didi
& Stulle“) - unterstützt von einem breitgefächten
Perückensortiment - für nicht enden wollende Lachsalven
und Sitting Ovations im Alten Rathaus.
Am
Sonntag gab es noch einen Vortrag von Eckart Sackmann zum Thema
“Das ist doch keine Kunst – Comics als Literatur“ und die
fast schon traditionelle Talkrunde mit Mitgliedern der “Gesellschaft
für Comicforschung“. Danach hieß es dann leider
langsam aber sicher Abschied nehmen.
Mit
7.000 Gästen war das Comicfestival deutlich besser besucht
als in den Jahren zuvor. Es waren tolle Tage, die ich wohl nie vergessen
werde (ein schöner Abschluss war am Montag noch ein Biergartenbesuch
mit Henk Kuijpers). Wir werden alles dransetzten, dass es 2011 ein
genauso schönes Münchner Comicfestival geben wird.
Heiner
Lünstedt
Hier
gibt es eine bunte Auswahl an Bildern, Impressionen und Filmen:
Comic
Guide NET
SPLASHCOMICS
Seite
von Uli Oesterle
WITTEKs
Fotobericht
Bei
AMAZON Comics bestellen, hier anklicken
Bei
ebay Comics kaufen, hier anklicken
|