Dieses
seltsame Comicfestival, das bereits zum 36. Mal mitten im Winter
in einer nicht sonderlich zentral gelegenen Region von Frankreich
stattfindet, erschien mir immer etwas unattraktiv. Doch trotz der
15-stündigen nicht eben unstrapaziösen Autoanfahrt (und
der Aussicht auf eine Rückfahrt mit noch mehr Comics und Mitreisenden),
musste ich schon schnell zugeben: Je ne regrette rien!
  
Es
gab in der Tat nichts zu bereuen, denn der zunächst scheinbar
nur aus einer Aneinanderreihung von Kreisverkehren bestehende Ort,
entpuppte sich schnell als unwiderstehlich und das alljährliche
Festival hat dauerhafte Spuren hinterlassen: Viele Häuser sind
mit Comicmotiven bemalt, die Straßenschilder haben die Form
von Sprechblasen, so gibt es eine Rue Goscinny und einen
Espace Franquin.
  
Beim
Festival de la BD macht die ganze Stadt mit. Überall
sind markante rote Schilder platziert, die den Besucher die zahlreichen
Orte des Geschehens problemlos auffinden lassen. Wer mag (und ein
Festivalticket hat) kann auch Pendelbusse benutzen. Er hat die Wahl
zwischen dem Modell Hugo Pratt, einem vom Titeuf-Zeichner
Zep verzierten Fahrzeug und Le Bus de Présidentes,
der mit Motiven von Claire Bretéche und Florence Cestac verziert
ist.
  
2009
waren Philippe Dupuy und Charles Berberian (Monsieur
Jean) als Vorjahresgewinner des "Grand Prix de
la Ville d'Angoulême" Präsidenten des Fetivals.
Sie wurden mit einer großen Ausstellung im (außen-)
architektonisch interessanten Cité internationale de
la bande dessinée et de l´image (CIBDI) geehrt.
Dieses Gebäude beherbergt auch noch eine unglaublich gut sortierte
Comic-Bibliothek sowie einen ebenfalls nicht schlecht bestückten
Comicladen. Die Dupuy & Berberian- Werkschau Deux
wurde phantasievoll mit lustigen Installationen und Einblicken in
die persönliche Sammlung des Duos präsentiert. Es war
zu sehen, dass die Zeichner auch Filmplakate gestaltet haben, u.
a. für Glauben
ist alles mit Ben Stiller und Edward Hulk Norton. Für
die interessanten Ausstellungen über den Mangazeichner Kiriko
Nananan und subversive - teilweise sehr derbe - südafrikanische
Comics blieb im CIBDI nur noch sehr wenig Platz. Das wird sich sicher
ändern, wenn das Comicmuseum demnächst größere
Räumlichkeiten direkt gegenüber auf der anderen Seite
der Charente bezieht und im alten CIBDI-Gebäude Trickfilm-Ausstellungen
gezeigt werden.
  
Doch
es gab mehr als genug zu sehen. Die Expo Boule
et Bill fand im Freien statt. Im Stadttheater war eine
sehr liebevoll ausgestattete Expo Margerin / Lucien platziert.
In der Jugendbibliothek gab es die kleine aber äußerst
feine Ausstellung Les petits mondes de Cécile Chicault,
im Manga Building hatte der neue Studio Ghibli Film Gake no
Ue no Ponyo" Premiere und, und, und...
  
Die
Besuchermagneten des Salons sind jedoch zweifelsohne die Zeltstädte
Le Nouveau Monde für den Independent-Bereich und
Le Monde des Bulles, die von Casterman, Dargaud,
Lombard, Glénat, Delcourt, Dupuis, Panini und Soleil
dominiert wurde. Jeder dieser Verlage hatte einen eigenen gut sortierten
Shop und organisierte außerdem noch zahllose gleichzeitig
stattfindende Signiertermine. Hier konnte bei moderaten Wartezeiten
manche sehr schöne Zeichnung abgestaubt werden. Am Samstag
war es jedoch nicht immer einfach die Hallen zu durchqueren, da
gewaltiger Besucherandrang herrschte. Etwas seltsam muteten dabei
die Aktionen im Claim des auf Fantasy-Comics spezialisierten Verlages
Soleil an. Hier saßen gleichzeitig fast 50 Zeichner
in einer düsteren (dafür aber sehr gut mit seltsamer Musik
beschallten) Halle und zeichneten für die Fans. Dies erinnerte
manchen Besucher an Galeerensträflinge.
  
Auch
in diesem Jahr hatte das Festival - bei gelegentlich schon beinahe
sommerlichen Temperaturen (erst als alles vorbei war regnete es)
- wieder mehr als 200.000 Besucher, darunter auch zahlreiche sehr
junge Fans, die vom Verlag Dupuis mit Boule & Bill-Ohren
und Spirou-Hüten ausgestattet wurden.
Den großen Preis der Jury erhielt diesmal Christian Hincker
alias Blutch, dessen Comics "Der kleine Christian"
und "Blotch" mittlerweile
auch bei uns erschienen sind. Den Preis für das beste Album
erhielt Vincent Winshluss Paronnaud (Co-Regisseur der
Persepolis-Verfilmung),
dem auch eine Ausstellung gewidmet war, für seine sehr eigenwillige
Version von Pinocchio. Blutch
wird auch Präsident des "Festival International de
la Bande Dessinée 2010 sein.
Bei
COMIC GUIDE habe ich noch weitere großformatigere Bilder platziert,
hier anklicken
Bei
AMAZON Comics bestellen, hier anklicken
Bei
ebay Comics kaufen
|