Alex kehrt zurück in die trostlose
ostdeutsche Provinz. Hier im Hause ihrer Großmutter verlebte
sie in ihrer Kindheit glückliche Tage. Nachdem sie aus dem Gefängnis
entlassen wurde, versteckt sie sich in dem brüchig gewordenen
Gebäude. Alex verlässt das Haus nur um in einem Chemielabor
als Wessie zwischen lauter Ossies einen freudlosen Job zu verrichten.
Ansonsten igelt sie sich zwischen Altfrauen-Möbeln ein und betrachtet
alte Fotoalben. Doch plötzlich drängen sich zwei Menschen
in das Leben von. Während der 12-jährige Tom ganz selbstverständlich
im Haus und Garten von Alex ein- und ausgeht, hat auch dessen Vater
Piet ein Auge auf die kontaktscheue Frau geworfen. Auch der sich jovial
gebende einstige Veterinär-Ingenieur (ostdeutsch für “Tierarzt“),
der sich jetzt als Fahrlehrer durchs Leben schlägt, hat ein ganz
schönes Päckchen zu tragen. Piets Frau brachte sich vor
einigen Jahren um und seitdem hat er ständig Angst davor als
Vater zu versagen. Nach einigen gemeinsamen nicht ganz unproblematisch
verlaufenden Aktivitäten wie einer Landpartie oder dem Besuch
einer Seniorentanzveranstaltung entwickelt Alex langsam eine scheue
Zuneigung und ein gewisses Vertrauen zu Piet. Doch dann zündet
Tom das Auto seines Vaters an und das Jugendamt greift durch...
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Vor vier Jahren erzählte die
Regisseurin und Drehbuchautorin Sylke Enders in ihrem Spielfilmdebüt
“Kroko“ von einem Mädchen, das in Berlin-Wedding Mitglied einer
kriminellen Bande ist und vom Jugendgericht zu Sozialarbeit mit
Behinderten verurteilt wird. Bereits hier bewies sie, dass sie dem
Alltag spannende Geschichten abtrotzen konnte ohne allzu sehr auf
herkömmliche filmdramaturgische Tricks zurückzugreifen.
Auch in “Mondkalb“ wirken die diesmal nicht von Laiendarstellern
verkörperten Hauptfiguren zunächst nicht sonderlich sympathisch
und entfalten sich erst nach und nach in ihrer voller Menschlichkeit.
Inspiration für dieses hinter die Fassade blicken war ein Erlebnis
aus der Jugend von Enders: “Mein Fahrlehrer war eine äußerst
schroffe Person, die mich ständig malträtierte, und die
Fahrstunden nutzte um seinen persönlichen Kram zu erledigen.
Ich begann ihn regelrecht zu hassen. Eines Tages saß auf dem
Rücksitz ein kleines Kind und er erzählte, dass er es
vor der Verwahrlosung gerettet hatte und sich jetzt dafür einsetzte,
dass die junge Mutter, die das Kind so vernachlässigt hatte,
nicht ins Gefängnis kam. Und dass er gerade dabei war, eine
Pflegschaft für das Kind zu übernehmen. Das hat mich so
überwältigt und irritiert, dass ich diesen Mann von nun
an mit anderen Augen sah und ein wenig meine Menschenkenntnis hinterfragen
musste.“
Ein Film wie “Mondkalb“ wird es in unseren Kinos nicht leicht haben
(und in der ländlichen Region wo er gedreht wurde, wohl gar
nicht erst anlaufen). Doch wer sich auf die Geschichte einlässt,
was im Kino viel besser möglich ist als beim beiläufigen
Konsum im TV, wird reich belohnt und noch lange an Alex und Piet
denken. Diese werden äußerst lebensnah dargestellt von
Juliane Köhler (“Nirgendwo
in Afrika“) und Axel Prahl, wobei der gebürtige Eutiner
nach seinen Rollen in “Halbe Treppe“ und “Willenbrock“
erneut als Ostdeutscher zu sehen ist. Zwar wurden die Biografien
der Filmfiguren durch Bestandteile wie Knastbesuch, Selbstmord des
Lebenspartners und Pyromanie etwas heftiger als der Durchschnittsmensch
angelegt. Doch Übertreibung macht anschaulich und die dargestellten
Verhaltensmuster wirken durchaus vertraut. Wohl jeder hatte schon
einmal das Bedürfnis sich von seiner Umwelt abzuschotten oder
fühlte sich überfordert wenn er neben den eigenen Problemen
auch noch mit den Sorgen seiner Mitmenschen konfrontiert wird. Trotz
des Verzichts auf ein rosarotes Happy End ist “Mondkalb“ ganz gewiss
kein freudloser bleischwerer “Problemfilm“, sondern erzählt
nicht ohne Humor vom Überwinden von Misstrauen, sei es zwischen
Ost und West oder zwischen scheinbar ganz unterschiedlichen Menschen.
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