Marion
strampelt sich vergeblich ab, um ihren Job in einer Werbeagentur
zu stabilisieren, mit ihrem Freund nimmt sie LSD, doch allzu lange
wird er nicht mehr ihr Freund sein... Der Alltag nimmt Marion
also her, doch da ist Raphael, der sie mit Scientology in Verbindung
bringt. Sie lernt neue Leute kennen, alles wirkt so freundlich.
Vor allem tut ihr die Aufmerksamkeit gut, die man ihr entgegenbringt.
Und schwupp... hängt sie schon am Haken der Sekte.
Schließlich
unterschreibt sie einen Mitarbeitervertrag über eine Milliarde
Jahre und wird nach Kopenhagen in die europäische Zentrale geschickt,
wo sie unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten muss. Trotzdem
ist Marion höchst motiviert und wird sogar als toughe Missionarin
nach Paris geschickt, um den dortigen Geldfluss in Richtung Zentrale
wieder in Schwung zu bringen. Nach ihrer Rückkehr schleicht sich
allerdings eine Depression ein und plötzlich fragt sie sich: "Was
mache ich hier bloß?“
Louis
Alloing ("Der Fall E. P. Jacobs")
und Pierre Guillon erzählen hier eine wahre Geschichte.
Die Graphic Novel liest sich sehr flüssig und spannend, obwohl
die Zustände, die sie beschreibt, durch Presseberichte und Bücher
über die Sekte längst bekannt sind, doch das persönliche Schicksal
der Frau, das authentisch und unaufgeregt erzählt wird, berührt.
Das Vorwort
mit der frechen Überschrift "Scientology, der Star unter
den Sekten“ verfasste der Schweizer Sektenexperte Hugo Stamm,
das Nachwort durfte ich schreiben, da ich selbst in den 70ern
in der Sekte tätig war. Was mich als Kenner der Materie wundert,
ist, dass das sehr umfangreiche Scientologen- Kauderwelsch hier
praktisch keine Rolle spielt – häufigdachte ich, Scientologen
würden sich anders ausdrücken –, was einerseits daran liegen könnte,
dass das Sektenopfer nicht selbst die Geschichte niederschrieb,
andererseits an der Übersetzung. Vielleicht wollte man auch den
Leser schonen. Mir fiel auch auf, dass Sektengründer L. Ron Hubbard,
um den sich in Scientology alles dreht, mit keinem Wort erwähnt
wird. An rechtlichen Gründen kann das nicht liegen, es dürfte
eher ein Hinweis darauf sein, dass Marion keinerlei Sehnsucht
nach einem Guru hatte, sondern Freunde und die Geborgenheit einer
Gruppe suchte. Sektenmitglieder ticken eben nicht alle gleich,
wie mancher zu glauben scheint.
Gerhard Förster
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