Ich
besuche den Comic Con alljährlich seit 1998 und schon damals
war die Veranstaltung für mich eine riesengroße Sache
bei der jeder der 42.000 Besucher nur einen klitzekleinen Bruchteil
der gesamten Veranstaltung mitbekommt. Doch im letzten Jahr bevölkerten
125.000 Menschen den Con und für die meisten Tage waren alle
Tickets schon im Vorfelde ausverkauft. In diesem Jahr gab es schon
einige Wochen vor Beginn des Cons keine Tickets mehr. Daher war
es nicht weiter verwunderlich, dass es bereits am Mittwochabend,
der nur den Fachbesuchern und Dauerkartenbesitzern vorbehalten ist,
zu großem Gedrängel in der knapp einen Kilometer langen
Exhibit Hall kam.
Trotz
seines Namens versucht der Comic Con das gesamte Spektrum der populären
Kultur abzudecken und ist in den letzten Jahren auch für Hollywood
immer interessanter geworden. Zwar starteten aktuelle Comic-Verfilmungen
wie “The Dark Knight“,
“Hellboy 2“ oder “Wanted“
kurz vor Beginn des Cons in den US-Kinos, doch die Veranstaltung
wird vor allem als Möglichkeit geschätzt frühzeitig
neugierig auf neue Filmprojekte zu machen. In dieser Hinsicht wird
von den Fans wohl nichts so begierig erwartet, wie die Filmversion
von Alan Moores Comic-Meilenstein “Watchmen“
(US-Start März 2009) für den schon auf dem Comic Con 2007
kräftig getrommelt wurde. In diesem Jahr wurden zur Promotion
des “Watchmen“-Films riesige Stofftüte und T-Shirts verteilt,
“DC Direct“ zeigte Prototypen von Action-Figuren und eine Comic-Con-Sonderausgabe
von “Mad“ enthielt eine von Glenn Fabry ("Preacher",
"Thor Vikings") gezeichnete
Parodie auf Moores Comic. Außerdem hatte die Zeitschrift “Entertainment
Weekly“ die “Watchmen“ auf dem Cover und sich darüber hinaus
auch sehr ausführlich die Attraktionen des diesjährigen
Comic Cons beschrieben.
Auch
in diesem Jahr waren alle 6.500 Sitzplätze der riesigen Halle
H belegt als ein Panel zu “Watchmen“ stattfand. Regisseur Zack Snyder
(“300“) und ein Großteil der
nicht allzu prominenten Besetzung waren anwesend und beantworteten
Fragen der Besucher. Die Fragesteller waren teilweise kostümiert
(u. a. als Batman und Rorschach) und besonders lustig war ein Duo
von wissbegierigen Zwillingen, die ihre Fragen in bester “Tick,
Trick und Track“-Manier nacheinander und sich ergänzend aufsagten.
Große Begeisterung erregte ein speziell für den Con zusammengestellter
Trailer, der gleich noch ein zweites Mal gezeigt wurde. Der “Watchmen“-Zeichner
Dave Gibbons war ebenfalls zugegen und schwärmte davon wie
begeistert er war als ihm der als Comedian verkleidete Jeffrey Dean
Morgan auf die Schulter klopfte und nachdem er erstmals das Eulen-Schiff
in Originalgröße sah (eine Erfahrung, die auch Con-Besucher
machen konnten, denn das Fluggerät wurde am Warner-Stand ausgestellt).
Anhand der gezeigten Ausschnitte und der Aussagen von Regisseur
und Darstellern, die betonten, dass der “Watchmen“-Comic am Set
die Bibel war, ist es nicht auszuschließen, dass hier tatsächlich
eine halbwegs werkgetreue Verfilmung entsteht.
Dies
erscheint hingegen eher zweifelhaft bei Frank Millers Filmversion
von Will Eisners Comicklassiker “The Spirit“,
die zu Weihnachten in die US-Kinos kommt. Auch hierzu gab es eine
Präsentationsveranstaltung, die allerdings deutlich schwächer
besucht war, als dies bei der “Watchmen“-Show der Fall war, obwohl
die Hauptdarsteller Samuel L. Jackson und Jaime King anwesend waren.
Frank Miller erzählte zunächst wie wichtig ihm Eisner
als Mentor war und dass dessen kritische Anmerkungen zu seinem Zeichenstil
zwar manchmal schmerzhaft aber immer konstruktiv waren. Der dann
gezeigte Trailer lässt nicht auf eine sonderlich werkgetreue
Film-Adaption schließen. Während Eisners “The Spirit“-Comics
ihre oftmals durchaus knallharten Crime-Geschichten im Gewande eines
knuffigen Cartoons erzählten, scheint Miller für die Verfilmung
einfach den Look seines “Sin City“-Filmes
gewählt zu haben und diesen mit ein paar Versatzstücken
aus Warren Beattys “Dick Tracy“-Verfilmung (diesmal ist der Mantel
des Heldens nicht knallgelb sondern halt blau) verschnitten zu haben.
Man darf mäßig gespannt sein.
Sehr
viel interessanter geriet eine Veranstaltung von Disney und Pixar.
Hier gab es erste Ausschnitte aus zwei neuen computeranimierten
Filmen zu sehen, die sich teilweise noch in Bearbeitung befanden.
Doch die Tatsache, dass daher gelegentlich auch Storyboard-Bilder
und rohe Animationen zu sehen waren, ermöglichte einen interessanten
Einblick in die Produktionsmethoden. Bei Disney ist eine Rückkehr
zu 2-D-Animation erst 2009 mit “The Frog Princess“ in Sicht und
“Bolt - Ein Hund für alle Fälle“
steht somit in der nicht allzu ruhmreichen Tradition von “Himmel
und Huhn“ und “Tierisch
Wild“. Genau wie bei “Triff
die Robinsons“ wurde auch hier John Lasseter von Pixar als Berater
hinzugezogen. Die recht ungewöhnliche Story vom Hund Bolt,
der Star einer TV-Serie um einen Vierbeiner mit Superkräften
ist und alles für real hält, hat Potential und die gezeigten
Szenen, die sich recht amüsant über formelhafte Actionfilme
lustig machten, hatten allerlei zündende Gags zu bieten und
sorgten für Gelächter im Saal. Ein noch gewagteres Konzept
bietet der neue Pixar-Film. Regisseur Peter Docter war anwesend
und erzählte, dass er von Aufnahmen abgelegener Berggegenden
in Venezuela zu einer ungewöhnlichen Geschichte inspiriert
wurde. “Oben“ erzählt nun wie
ein älterer Herr eigentlich ins Altersheim verfrachtet werden
soll, doch stattdessen lässt er sein Häuschen durch tausende
von Luftballons einfach abheben und bricht gen Süden auf. Als
er schon eine Weile durch die Lüfte gesegelt ist, klopft es
an der Tür und ein besonders eifriger Pfadfinder, dem noch
ein “Ich helfe alten Leuten“-Orden fehlt, steht vor der Tür.
So eine abgefahrene Geschichte hätte man eher als Ausgangssituation
für einen Kurzfilm vermutet, es spricht aber für Pixar,
dass hier nicht nur auf perfekte Animation sondern auch auf ungewöhnliche
Konzepte gesetzt wird.
Natürlich ging es auf dem Comic Con nicht nur
um Filme (doch die Sache mit dem Fan, der sich schon höllisch
darauf freut in einem speziellen George-Lucas-Camp bei New York
zum Clone-Krieger drillen zu lassen, möchte ich dennoch schnell
loswerden), auch wenn der Bereich in dem für die neusten Hollywood-Produktionen
geworben wurde, immer besonders stark von den Besuchern frequentiert
wurde. Das lag sicher hauptsächlich daran, dass hier diesmal
besonders freigiebig allerlei hübscher Schnickschnack verteilt
wurde. Da waren die riesigen Tüten, die es überall gab,
recht praktisch zum Abtransport der Beute. Doch auch die großen
Comicverlage waren wieder anwesend, wobei DC einmal mehr den größten
Stand hatte und zudem auch noch im Filmbereich durch die nicht eben
kleine Warner-Bude vertreten war. Da konnten (oder wollten) Marvel
und Dark Horse nicht ganz mithalten. Insgesamt war die Struktur
der großen Exhibit Hall ähnlich wie in den letzten Jahren
mit Small-Press-Bereich, Artists Alley, den feinsäuberlich
nach Golden Age, Silver Age und Aktualitäten aufgeteilten Comic
Händlern am einem und den Designer-Action-Figuren-Bereich am
anderen Ende der Halle. Dies sorgte dafür, dass trotz der riesigen
Dimensionen noch eine gewisse Übersichtlichkeit herrschte.
An den vier offiziellen Tagen der Veranstaltung verteilten sich
die Besucher dann sehr viel besser als am Mittwochabend, da es ja
auch noch in über 20 Sälen Podiumsdiskussionen, Filmvorführungen
und vieles mehr gab. Wer sich damit abgefunden hat, dass er sowieso
nicht alles schaffen konnte, hatte auch in diesem Jahr wieder eine
schöne Zeit in San Diego!
Mittlerweile gibt es innerhalb des Cons so etwas
wie eine kleine deutsche Gemeinde, die jedoch auch international
eingebunden ist. Bei einem netten Abschlussabendessen, an dem u.
a. auch britische Comicfans und der Skulpteur Clayton Moore, der
gerade an Frazetta-Staturen arbeitet, und sein Kumpel Buck, ein
Football-Trainer aus Texas teilnahmen, tauschten wir Con-Erfahrungen
und Erlebnisse aus, die sich so gut wie nie überschritten.
Michael Koch vom Comicshop “Mr. C.“ aus Bochum brachte z. B. zwei
Kisten seiner Lieblingscomics aus Deutschland mit und ließ
sich diese signieren. Er checkte jeden Tag die Signiertermine und
bekam Zeichnungen von (und hatte unvergessliche Begegnungen mit)
Jerry Robinson, Rob Liefeld oder Matt Groening. Er war auch einer
der wenigen Con-Besucher, die zu einer Signier-Audienz bei Tori
Amos (von deren Songs gerade eine Comic-Adaption erschien) vorgelassen
wurde.
Ganz
anders sah der Tag für Thomas Schützinger aus, der zum
zweiten Mal in San Diego war und jetzt gezielt Termine mit Verlagen
und Firmen machen konnte um interessante Objekte wie Bücher
oder Figuren zu finden, die er über seine Firma “Atomax“ an
die deutschen Fans bringen kann. Außerdem suchte er Comics,
die für die “Edition 52“ in Frage kommen. Fündig wurde
er u. a. bei den Verlagen “Image“ und “Top Shelf“, demnächst
erscheinen daher bei uns Eric Shanowers “Age of Bronze“ und Jeff
Lemires “Essex County“.
Carsten Laqua hingegen, der mit Comic-Originalen handelt, ist schon
ein San-Diego-Veteran und besucht den Con fast jedes Jahr seit 1986.
Er stellt speziell in den letzten Jahren fest, dass die Veranstaltungen
aus allen Nähten zu platzen droht und die Hotelpreise explodieren.
Während früher der Mittwoch und Donnerstag noch relativ
ruhig verliefen, sind nun die Hallen von Anfang an überfüllt.
Die massive Präsenz von großen Firmen und Filmcompanys
treibt die Preise in die Höhe und viele Comichändler können
sich einen Stand nicht mehr leisten. Doch für Carsten, der
gerade an einem Buch über Walt Kellys “Pogo“ arbeitete und
von dessen Klassiker “Disney im Dritten Reich“ demnächst eine
US-Ausgabe ansteht, ist der Comic Con nach wie vor und trotz des
Internets die wichtigste Einkaufsreise, denn das Angebot ist breit
gefächert, und er wird hier immer wieder fündig.
Zwar
wird immer wieder gemunkelt, dass der Con (oder Teile davon) nach
Anaheim in die Nähe von “Disneyland“ verlegt werden sollen.
Doch bis 2012 existieren Verträge mit dem San Diego Convention
Center und folglich konnten auch in diesem Jahr konnten bereits
wieder Tickets (bzw. eine "Pre-Reigistration") für
den "40th Annual Comic Con International" (23. bis 26.
Juli 2009) erworben werden.
Bei
COMIC GUIDE habe ich noch weitere großformatigere Bilder platziert
Hier
geht´s zu einem Bericht über den Comic Con 2001
Hier
geht´s zu einem Bericht über den Comic Con 2002
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geht´s zu einem Bericht über den Comic Con 2005
Hier
geht´s zu einem Bericht über den Comic Con 2006
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geht´s zu einem Bericht über den Comic Con 2007
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