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Sogar die Superschurken weinen

Comics zum 11. September


 


 
    
 

Die US-Ausgabe von Amazing Spider-Man # 36 hat alles andere als ein erstaunliches Titelbild. Lediglich ein weißer Schriftzug auf schlichtem schwarzem Grund ziert das Cover. "Babylon 5"-Schöpfer J. Michael Straczynski, der die Serie ab der dreißigsten Ausgabe übernommen hatte, schont seinen Zeichner John Romita Jr. auch noch auf der ersten Comicseite.

Diese ist ebenfalls ausschließlich in schlichtem Schwarz gehalten. Hier ist dann zu lesen: "Wir unterbrechen unser reguläres Programm für die folgende Sonderausgabe." Dann hat es sich aber auch schon mit schlicht und es folgt eine aufwendig gezeichnete und kolorierte Doppelseite mit dem zusammengestürzten Twin Towers.


 
    
 


Im Vordergrund ist ein verzweifelter Spider-Man zu sehen, der ein "...god..." murmelt. Natürlich wird er kurz darauf von zwei verzweifelten Passanten angesprochen, die wissen wollen, wie er so etwas zulassen konnte. Auch hier fehlen unserem Helden die Worte. Leider ist dies nicht so bei Straczynski, denn dieser treibt es noch dicker, wenn er kurz darauf auch noch die Superschurken Dr. Doom und Kingpin auftreten läßt. Der düstere Doom vergießt dann sogar noch ein paar Tränen hinter seiner eisernen Maske. Wenn es im Marvel-Universum mit rechten Dingen zugehen würde Dooms Vasallenstaat Latvaria aufgrund der New Yorker Katastrophe ganz gehörig jubeln.

Das restliche Heft zeigt dann Superhelden ganz bescheiden beim Aufräumen der Trümmer und präsentiert die wahren Helden im Vordergrund: Die Polizisten und Feuerwehrmänner.

 
    
 


Diese Tendenz setzt sich bei den weiteren Veröffentlichungen aus dem Hause Marvel fort. Da gibt es neben dem Band "Heroes", der Kitschbilder von den Rettern enthält, noch den ganz ohne Worte auskommenden Comic "A Moment of Silence", der in vier Geschichten relativ unspektakulär schildert, wie Durchschnittsbürger die Katastrophe vom 11. September erlebten. Die Geschichten kommen dabei auch noch fast ohne Worte aus. Insgesamt ein Comic ohne allzu viel üblen patriotischen Beigeschmack.

Dann hätten wir da noch das "I love N. Y. - Benefit Book" des Good Girl-Artisten Joseph Michael Linsner, der ins selbe Horn stößt, auf vollbusige Babes wie Dawn verzichtet und einen auf kunstvoll und bedenklich macht.

 

 
    
 


Sehr viel abwechslungsreicher sind da schon die drei voluminösen Bände der Reihe 9-11. Den Beitrag aus dem Hause DC ziert ein furchtbar kitschiges Alex Ross-Titelbild auf dem Superman (und sein Hund Krypto!) über die heroischen Polizisten und Feuerwehrmänner staunt. Der Band enthält neben einer durchgeknallt pathetischen Arbeit von Dave Gibbons, bei der Superman zusammen mit einigen Multi-Kulti-Kindern zwei Türme aus Bauklötzen baut, auch interessantere und differenziertere Arbeiten. So zeigt Tim Sale einen kleinen Jungen mit Superman-T-Shirt, der in einer Telefonzelle verschwindet und ein Hemd der New Yorker Feuerwehr anzieht. Ein weiteres Album zum Thema brachten mehrere Mainstream-Verlage (Dark Horse, Image, etc) heraus und dann gibt es noch eine schwarzweiße 9-11-Zusammenstellung von Alternative Comics.

Auf dem Comic-Salon Erlangen gab es neben einer Ausstellung noch einen hochinteressanten Dia-Vortrag von Herbert Heinzelmann zum Thema "Tag des Terrors - Der 11. September im Comic", der sich hauptsächlich um die "9-11"-Comics drehte. Heinzelmanns Resümee: "Während gerade die am aufwendigsten gezeichneten Bilder meist nur sehr simple Inhalte transportierten, geben oftmals die scheinbar simpel gezeichneten Comics sehr viel komplexere Zusammenhänge wieder."

 
    
 


Zum selben Thema fand in München am 15. Juni 2002 im Rahmen der "Langen Nacht der Bücher" eine Diskussion statt, die vom Comicologischen Congress und vom Jugendkulturwerk München veranstaltet wurde. Dies war auch zugleich der erste größere öffentliche Auftritt der ComicStadt München, die erfolgreich versucht die Comicszene in München zu beleben und sich mit den inhaltlichen Möglichkeiten des Mediums auseinandersetzt. Hierzu sei noch angemerkt, dass die Durchführung dieses Comic-Beitrages zur kommerziell aufgezogenen "Langen Nacht der Bücher" nur aufgrund einiger Sponsoren möglich war. Vom Veranstalter, der auf seinem Plakat mit "Lesungen, Führungen und Ausstellungen an über 50 Orten in München" protzte, gab es keinerlei Unterstützung.


Aufgrund des sehr schönen Wetters war die Veranstaltung dann insgesamt leider nur recht schwach besucht. Diskussionsleiter Ralf Palandt, Rainer Schneider (Herausgeber des Gratismagazin "Comicaze"), die Zeichner Gabriel Nemeth und Gerhard Schlegel ("Laska Comix") sowie meine Wenigkeit präsentierten je einen Comic zum 11. September. Den Auftakt machte Gabriel Nemeth, der das o. g. Spider-Man-Heft vorstellt und auch noch ein älteres "Fantastic Four"-Heft ("The Terrible Triumpf of Dr. Doom / The Battle for New York" von 1977) mitbrachte in dem der flennende Dr. Doom höchstpersönlich versuchte New York City durch eine Vibrationsbombe zu zerstören.

Insgesamt waren sich die Mitglieder dieses Münchner Comic-Quintett ziemlich einig, bezüglich der Qualität der einzelnen Comics. Bemängelt wurde das keine einzige der doch recht zahlreichen Geschichten versuchte nach Gründen für den Anschlag zu suchen. Die meisten Story blieben in der Froschperspektive und schilderten tragische Einzelschicksale oder verklärten Feuerwehrmänner, Polizisten und Notärzte zu Helden. Auch der exzessive Einsatz der US-Flagge vor dem nicht einmal der Knubbel-Nasen Zeichner Jeff Smith gefeit war, stieß auf ziemliches Unverständnis. Immerhin warnten einige Geschichten vor Ausländerfeindlichkeit und prangerten Fälle von Lynchjustiz an.

Eine echte Diskussion kam jedoch erst auf, als Ralf Palandt einen sorgsam hingeschabten schwarzweißen Comic aus der 9-11-Zusammenstellung ("T." von Nick Bertozzi) von Alternative Comics für besonders sensibel hielt. Doch nicht jeder der Anwesenden konnte nachvollziehen, warum dies Gleichnis mit Menschen, die plötzlich Flugzeuge im Kopf haben, nun besonders hilfreich bei der Verarbeitung des Anschlages sein soll. Insgesamt war Frank Millers simpler Zweiseiter (neben der sehr gehaltvollen Arbeit von Alan Moore) der absolute Favorit. Miller zeichnete einfach einen Stern und meinte dazu: "Ich hab´ genug von Flaggen", ein Kreuz mit dem Kommentar: "Ich hab´ genug von Religion" und eine Ground Zero-Silhouette um dann zu folgern: "Denn ich habe gesehen, was Glaube anrichten kann."

 
    
 


Recht interessant ist in diesem Zusammenhang auch noch die Comic-Adaption von "The 9/11 Report".

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