Cliff
Richard vorzustellen erübrigt sich. Selbst die, denen er zu nah
an Schnulze und Schlager wäre, kennen einige seiner Hits und mögen
vielleicht doch den einen oder anderen Song. Cliff ist der erfolgreichste
(Einzel-) Künstler Englands bis heute. Eine internationale Musik-Legende.
250 Millionen weltweit verkaufte Tonträger, 56 Hits sogar in den
deutschen Charts, davon vier Nummer eins und fünfzehn Top-Ten Titel.
Weltweit hat er über 200 Alben veröffentlicht und 123 Hits zu vermelden.
1980 erhielt er den O.B.E. (Officer of the Order of the British
Empire) und wurde 1995 zusätzlich von der Queen zum Ritter
geschlagen. Die auf der DVD verewigte Tour zu seinem fünfzigsten
Bühnenjubiläum startete im November 2008 in seiner Heimat England.
Ist also Topaktuell .
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Fast
bescheiden lässt Cliff sich von einer sechsköpfigen Liveband, vier
Backgroundsängern und acht Tänzern begleiten. Jedes Detail dieses
über zweieinhalbstündigen Liveerlebnisses liegt in hervorragender
Bild- und Tonqualität auf technisch höchstem Niveau vor. Die Bildqualität
verträgt problemlos Zoomvergrösserungen. Ohne jeglichen Zweifel
sind hier souveräne Profis am Werk. Dem Status gebührend wird hier
nicht gekleckert. Natürlich erwartet man von einer fünfzigjährigen
Erfahrung auch ein entsprechendes Niveau. Nur gibt es auch andere,
die lange von der Bühne, von der Bildfläche, aus dem Leben verschwunden
sind. Wieder andere sind entweder zu routiniert geworden oder sehr
abgehoben. Verstecken sich womöglich ob ihrer Möglichkeiten hinter
einem uferlosen Apparat oder lassen von einer Garde jüngerer den
Auftritt bestreiten, welche sie stützen .
Nichts
davon hat Cliff nötig. Über zweieinhalb Stunden sind schon für Zwanzig
jährige Bands und Sänger eine Strapaze. Cliff ist immer vorn an
der Rampe. Tanzt, lässt sich auf einem Surfbrett herumtragen, hüpft
ohne deswegen sich in Playback flüchten zu müssen. Wechselt die
Klamotten. Spricht viel mit dem Publikum, was sehr aufrichtig vertraulich
und sympathisch wirkt, aber auch der Stimme Pausen gönnt. Vergessen
wir nicht, dass jeder von uns in seinem Alter froh sein wird einigermaßen
gesund zu sein. Sogar eine Live-Uraufführung: "She means nothing
to me" gibt es, da er die Nummer bisher nie auf die Bühne bringen
konnte. Tolle Tänzer, schöne Kostüme. Vor dem Time-Machine
Bühnebild werden die Songs mit individuellen Choreographien abwechslungsreich
in Szene gesetzt. Klasse Show. Leicht und konventionell. Natürlich
weder Avantgarde noch Revolution.
Gute
Musiker spielen die Sachen ohne Tadel. Moderner, erstklassiger Sound.
Cliff ist kein Jahrhundertsänger und sein Alter macht es seiner
Stimme nicht leichter. Aber das ist vollkommen egal. Souverän und
professionell beherrscht er das Material des umfangreichen Programms.
Ganz sicher ist alles in Ordnung mit seinem Vortrag und im Vordergrund
steht allemal der Spaß. Und den haben sie immer noch.
Nicht
das man glaubt das ließe zum Ende hin nach. Im Gegenteil steigert
man die Stimmung noch einmal auf einen Höhepunkt hin und Cliff und
seine Leute lassen die Hüften kreisen zu schwungvollem Rock´n´Roll.
Dann im "Millenium Prayer" wieder mehr Pathos und noch
mal zieht das Showtempo zum Schluss an. Das Publikum klatscht mit,
schunkelt, die Halle steht längst. So ist es gewünscht.
Zwei
verschmerzbare Wermutstropfen bleiben. Die Bildergalerie als Bonus
ist schwach und die Bildergalerie selbst leider auch. Ich finde
diese Bonusmasche ohnehin schwachsinnig. Was auf der DVD/CD drauf
ist, ist drauf. Es gibt doch sowieso keine Version ohne den Bonus
usw. Aber wenn schon, sollte es vielleicht besser dem Status genügen.
Das tut die Bildergalerie nicht. Jeder Fan hat sicher seit Jahrzehnten
mehr, speziellere, bessere Bilder gesammelt. Es sind nur 11 schwarz-weiße
und zwei farbige. Aus fünf Jahrzehnten?! Wie es heißt. Und gerade
besonders spektakulär sind sie auch nicht.
Es
lassen sich aus so einer Karriere nicht alle Hits auf einem Konzert
spielen und auf einer DVD vereinigen. Es sind zuviele. Doch fehlt
mir einer: "Lucky Lips". In Deutschland als "Rote Lippen
soll man küssen" bekannt geworden. Weicht der deutsche Text
vom Sinn der englischen Version weit ab, was wohl dem Autor angelastet
werden muss, ist doch die Originalversion eine Perle alltäglicher
Weisheit. Klar und schlicht formuliert, wirklich wahr und stets
zu bedenken. Ein schöner, kleiner Song für Jedermann und zum Mitsingen.
Vielleicht
gab es verlags-, urheber- oder sonstige rechtliche Hindernisse die
Nummer mit ins Programm zu nehmen. Vielleicht reizte Cliff das einfache
Stück nicht mehr oder es hing ihm sozusagen gar zu sehr zum Halse
heraus, als dass es noch einen Platz darin finden mochte ? Zugegebenermaßen
gibt das Lied musikalisch nicht viel her, ist aber gerade deshalb
so unmittelbar, hat mit seiner hübschen Melodie den lebensfrohen
Charme eines Lausbuben. Es verwundert einfach, dass ein so großer
Hit fehlt und viele werden ihn vermissen.
Sonst
alles bestens: Riesenkonzert, super Realisation. Schnulzensängerschönling?
Ja ! Das ist Geschmacksache. 50 Jahre Bühnenpräsenz nicht. Die Gunst
der Massen ist nicht immer eine Auszeichnung. Die Gunst der Zeit
manchmal auch nicht. Nicht alle überleben und es zu schaffen ist
edel genug. Eine Legende zu werden kann niemand steuern. Keine Kratzer
in den Lack des Monuments zu bekommen ist schon außergewöhnlich.
Nach oben kommen viele. Oben bleiben wenige. "I´m nearly
famous now" (Jetzt bin ich schon fast berühmt) singt Cliff.
Wo
er recht hat , hat er recht. ;-)
bernhard
r.c.faaß www.empyreal.de
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