Mit “Küss
den Frosch“ kehrte die Disney Company recht erfolgreich
zum traditionellen Zeichentrickfilm zurück. Weltweit spielte das Werk
über 250 Millionen Dollar ein. Doch dies schien nicht genug zu sein,
denn fast die gleiche Summe investierte die Company in den nächsten
Märchenfilm. Um auf Nummer sicher zu gehen wurde das Werk in Computeranimation
und in 3D gedreht. Der als zu altbacken betrachtete Titel
“Rapunzel“ wurde in den USA in “Tangled“ (Verwirrt)
geändert bzw. bei uns um ein albernes “Neu verföhnt“ ergänzt.
Da nach Meinung von Marktforschern “Küss den Frosch“ durch
die weibliche Hauptfigur für ein männliches Publikum eher uninteressant
war, wurde der Prinzessin diesmal gender-technisch ein gleichberechtigter
echter Kerl an die Seite gestellt, der zudem noch von den weiblichen
Crewmitgliedern als idealer Mann zusammengebastelt wurde.
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Disney |
Doch – Oh Wunder! – die Rechnung ging
auf, obwohl vom dem Film zugrunde liegenden ganz schön grimmigen
Grimmschen Märchen mit seinem Gemüsediebstahl und dem erblindeten
Prinzen nur Fragmente verwendet wurden. Bei Disney ist
Rapunzel kein Armeleutekind sondern eine kleine Prinzessin, die
von der Hexe Gothel entführt wird, weil sie bzw. ihre langen güldenen
Haare Heilkräfte besitzen. Gothel sperrt Rapunzel in einen Turm
und bleibt durch deren Zauberkräfte ewig jung. Doch Rapunzel will
hinaus in die weite Welt und da kommt es ihr gerade recht, dass
sich der auf der Flucht befindliche Dieb Flynn in ihren Turm versteckt.
Gemeinsam mit diesem entflieht sie ihrem goldenen Käfig und
bricht zu einer abenteuerlichen Reise auf.
“Rapunzel“ ist Disneys Rückkehr zum Märchenfilm.
Trotz Computeranimation wird hier im Gegensatz zu den Pixar-Filmen
nicht auf Musical-Einlagen verzichtet. Hierfür wurde wieder
der bewährte Alan Menken verpflichtet, doch dessen Songs sind
meist wenig eingängig als seine Kompositionen zu “Die
Schöne und das Biest“ oder “Verwünscht“.
Außerdem halten die Lieder – zumindest in der ersten Hälfte
– die Handlung eher auf als dass sie diese voranbringen. Bei der
Mördernummer “I've Got a Dream“ geht dann doch noch
die Post ab, wenn sich in einem Gasthof eine Bande von düsteren
Outlaws plötzlich als idealistische Träumer outet. Doch
abgesehen davon, dass die Musik nur so lala ist, kann der Film voll
überzeugen. Die Gags zünden ohne dass allzu häufig
versucht wird, wie bei “Shrek“
moderne Bezüge innerhalb der mittelalterlichen Märchenwelt
herzustellen. Eine köstliche Figur ist das Pferd Maximilian,
dass noch besessener als sein Reiter davon ist den räuberischen
Flynn zu fassen und sich wie eine Mischung aus Jagdhund und Meisterdetektiv
aufführt.
Die beiden menschlichen Hauptfiguren
wurden durch das Team um die Disney-Legende Glen Keane,
der bereits bei “Der Schatzplanet“
handgezeichnete und am Computer erzeugte Animationen kombinierte,
zu glaubhaften Figuren mit liebenswerten Macken. Wenn sich Rapunzel
und Flynn vor dem Hintergrund von tausenden aufsteigenden Schwebelaterne
langsam näher kommen ist das hemmungslos kitschig aber auch
unvergesslich prächtig.
Dieser Film ist als Animations-Neustart
für die Disney Company ähnlich wichtig sein, wie Anno 1989 “Arielle,
die Meerjungfrau“, doch zugleich dürfte es auch der wohl
endgültige Abschied vom klassischen Zeichentrickfilm sein.
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