Wer war
Willy Brandt? Und was bedeutet er uns heute noch? Das fragen sich
zum 100. Geburtstag nicht nur nostalgische Sozialdemokraten und historisch
Interessierte, sondern auch eine kürzlich erschienene Graphic Novel.
"Willy Brandt: Sein Leben als Comic“ von Heiner Lünstedt
(Szenarist) und Ingrid Sabisch (Illustratorin) nähert sich der Ikone
Brandt mit Grundsympathie und doch erfreulich unprätentiös.
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Durch die notwendige erzählerische Verdichtung liest sich das Leben des Lübecker Arbeiterjungen wie ein Schnelldurchlauf durch das 20. Jahrhundert. Der Mensch Willy Brandt wird dabei ein gutes Stück fassbarer. Der Leser bekommt eine Ahnung von seinen Motiven und seiner Gefühlswelt. Doch wie alle wirklich großen Männer bleibt auch Willy Brandt nach der Lektüre dieser grafischen Erzählung eine Projektionsfläche. Einen besonderen Reiz stellen dabei die inzwischen ikonisch gewordenen Bilder wie etwa der Kniefall zu Warschau dar. Gezeichnet und damit aus der historischen Fotooptik herausgelöst, glauben wir die Bilder wieder neu zu sehen.
Heiner Lünstedt - unter anderem
auch einer der beiden Leiter des Comicfestivals in München - und
die Illustratorin Ingrid Sabisch zeichnen historische Gegebenheiten
biographisch nach. Sie beobachten dabei glücklicherweise mehr als
sie erklären und lassen so dem Leser die Freiheit, sich Willy Brandt
selbst einmal - oder auch wieder einmal - anzueignen.
"Willy Brandt: Sein Leben
als Comic“ ist ein faszinierendes Leseerlebnis. Für jüngere
Leser mag es ein Stück Geschichtsunterricht in Bildern sein.
Für Kenner von Willy Brandt und der Zeitgeschichte ist es ein
Anlass, den wohl ungewöhnlichsten Menschen unter unseren Kanzlern
noch einmal mit neuen Augen zu sehen. Beglückend ist dabei,
dass der "Comic-Held“ in diesem Fall tatsächlich einer
war. Selten habe ich einen Comicband stolzer zugeschlagen.
Gunther Brodhecker (neben Alexis
Martinez - einer der Autoren von "Das
Tagebuch des Ricardo Castillo")
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