Der kleine Oliver ist hin und her gerissen
zwischen seinen herzensguten aber strenggläubigen Großeltern,
die jeden Morgen um 7 Uhr 30 in die Frühmesse gehen, und
seinen atheistischen Eltern, die sich auch innerhalb ihrer Ehe
alle Freiheiten lassen. Als er neun ist, tritt Pater Pierre in
Olivers Leben. Dieser ist ein linker Priester und wird daher von
Eltern und Großeltern akzeptiert.
Der lebensfrohe und unorthodoxe Pierre
organisiert ein alljährliches Ferienlager auf dem Lande für
Jugendliche. Die ersten Jahre fährt Oliver auch sehr gerne
mit. Doch als er 12 ist, kommt ihm Pierre während einer Nacht
bedrohlich nahe. Am nächsten Morgen fragt Pierre den verwirrten
Jungen wie er darüber denkt. Oliver sagt: “Du bist erwachsen,
ich bin ein Kind. Das kann nicht gehen.“ Pierre scheint sich darüber
zu freuen und bittet Oliver nicht “darüber“ zu reden.
Damit scheint alles gut zu sein und Oliver
fährt noch einige Jahre in Pierres Lager und versucht nicht
an jene Nacht zu denken. Doch er schleppt diese Last mit sich
herum und leidet schwer darunter. Mit 35 schreibt er sein Erlebnis
schließlich nieder und sein Freund Alfred macht eine Comicgeschichte
daraus. Zur Recherche reisen Oliver und Alfred zum Ort des Geschehens
und treffen dort überraschenderweise auf den stark gealterten
Pierre...
Oft entsteht der Eindruck, die besten
und vor allem persönlichsten Comics entstehen wenn Autor
und Zeichner identisch sind. Doch die autobiografische Geschichte
“Warum ich Pater Pierre getötet habe“ profitiert davon, dass
die Zeichnungen von Alfred und nicht von Oliver Ka stammen. Das
gemeinsame Arbeiten am Comic glich sicher auch oft einer Therapiesitzung.
Oliver musste nicht nur Alfred sondern auch sich selbst klar machen
was damals genau passiert war und verdrängte Erinnerungen
wieder hervorholen. Alfred findet zur Visualisierung der Geschichte
hochinteressante teilweise auch sehr verspielte Bildfolgen. Er
wechselt gelegentlich den Zeichenstil und setzt auch schon einmal
Fotos ein. Diese Experimente sind jedoch nie Selbstzweck sondern
vermitteln Gemütszustände ungewöhnlich klar und
nachvollziehbar. Das Resultat ist nicht nur ein äußerst
sensibler Comic über die Folgen von Kindesmissbrauch sondern
zeigt auch wie wichtig es ist offen darüber zu reden.
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