Immer
wieder hat Ralf Palandt von seinem “Tagungsband“ gesprochen und ich
hab im Stillen gedacht, naja was kann das schon sein, wahrscheinlich
irgend so eine Broschüre. Doch ich hätte es besser wissen müssen,
denn was Ralf anpackt, das hat auch Qualität und ungeahnte Dimensionen
(man denke nur an seine mit Detlef Lorenz hervorragend zusammengestellte
und bestens präsentierte Helmut Nickel Ausstellung im Deutschen
Jagd- und Fischereimuseum im Rahmen des Comicfestivals München
2011).
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Die Auseinandersetzung mit “Rechtsextremismus,
Rassismus und Antisemitismus in Comics“ ist eine Art Lebensaufgabe
für Ralf Palandt und er hat in den letzten Jahre eine Unmenge von
Material zu diesem Themen zusammengetragen. Einen kleinen Einblick
in seine Recherchen bot bereits der Artikel “Braune Comic?!
Bilder vom rechten Rand der Gesellschaft“ im “Comic! Jahrbuch
2009“ des ICOM. Hier entkräftete Ralf Palandt mit
zahlreichen Beispielen die Behauptung, dass es keine Comics von
Rechtsradikalen gäbe. Mit seinem umfangreichen Vorwort in “Rechtsextremismus,
Rassismus und Antisemitismus in Comics“ knüpft er an diesen
Artikel an, setzt sich aber u. a. auch mit von staatlichen Stellen
in Auftrag gegebenen Erziehungs-Comics wie “Andi“ auseinander,
die vor Rechtsextremismus warnen wollen, doch oft eher gut gemeint
als gut gemacht sind.
Was Ralf Palandt mir schließlich
als “Tagungsband“ vorlegte (zur Tagung “Rechtsextremismus, Rassismus
und Antisemitismus in Comics“ in Zusammenarbeit mit dem Archiv
der Jugendkulturen und der Evangelischen Akademie Bad Boll),
entpuppte sich als ein Hardcover-Sammelband voller interessanter
und bestens bebilderter Artikel.
Durch mehrere Verdienste ragt dieser
wissenschaftliche Sammelband aus der Menge der Comic-Sekundärwerke
und politischen Fachbücher heraus. Zum einen wird hier zum
ersten Mal das Titelthema von allen Seiten her bearbeitet. Schon
die Kapitelüberschriften machen dies deutlich: "Comics
in rechten Printmedien“, "Comics im Faschismus",
"In der Diskussion: rassistische und antisemitische Stereotype“,
"Comics gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“,
"In der Diskussion: NS- und Holocaust-Comics im Schulunterricht“
und "Comicwerkstattprojekte zum Nationalsozialismus und
Holocaust“. Hier werden nicht nur Comics zum Thema analysiert,
sondern auch konkrete Modelle für den praktischen Einsatz im
Unterricht und der Bildungsarbeit vorgestellt. Wer mit "Comics
gegen Rechts“ arbeitet, sollte wissen, welche "Comics von Rechts“
es gibt. Wer Comics im Schulunterricht einsetzt, sollte nicht nur
eine kritische Sicht auf die Inhalte haben, sondern auch erkennen
können, ob und welche Stereotypen sich darin befinden und wie
man mit ihnen umgehen kann.
Daher ist es nur folgerichtig, dass
sich die meisten Aufsätze mit der Darstellung der NS-Zeit und
des Holocausts in Comics beschäftigen und der Verwendung dieser
Comics im Unterricht. Gerade hier kommt der weitere große
Verdienst des Sammelbands zu tragen, nämlich die interdisziplinäre
Offenheit, die verschiedene Perspektiven, Meinungen und Ansätze
zugelassen hat. Hier treffen Autoren mit unterschiedlichen, zum
Teil konträren Ansichten zu bestimmten Comics aufeinander und
geben damit entscheidende Anstöße für eigenes Reflektieren
der besprochenen Comics.
Viele der thematisierten Comics
kennt man auch als Graphic Novels, als Sach- und Geschichtscomics
aus den aktuellen Besprechungen des Feuilletons her und als Gegenstand
akademischer Veranstaltungen. Wer hier mitreden will, wird auf diesen
Sammelband nicht verzichten können.
Dabei dürfte dieses Buch auch dem eher allgemein als speziell interessierten Comicleser einen neuen Blick auf die Möglichkeiten (aber auch die Grenzen) des Mediums öffnen. Ein wissenschaftliches Buch über Comics und Rechtsextremismus mit beeindruckendem Gewicht von der Anzahl der Seiten wie vom spannenden Inhalt her.
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