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BENJAMIN
- PORTAL
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Dass
der Comic-Salon in Erlangen, der diesmal vom 22. bis zum 25. Mai
stattfand, zum 13. Mal ausgetragen wurde, brachte kein Unglück.
Das Wetter war trotz des mondmäßig bedingten frühen
Termin gnädiger als auf so manchem “Juni-Salon“. Wichtiger
war aber noch, dass mit mehr als 25.000 Besuchern ein Zuwachs
von 20% gegenüber 2006 erreicht wurde. Den zahlreich angetretenen
und erfreulich vielseitig interessierten Comicfans wurde auch
allerlei geboten.
Zur Salonbelebung trug maßgeblich die geniale Aktion mit
dem Panini-Sammelbildern bei. Das überall erhältliche
Album galt es mit 164 kreuz und quer auf dem Salongelände
und in Erlangen verteilten Stickern zu füllen. Durch die
Zeit, die für das Einkleben und Tauschen draufging, lenkte
dies vielleicht von den zahlreichen Ausstellungen und Vorträgen
ab. Doch dadurch, dass gewisse Sticker nur an abgelegenen Außenstellen
erhältlich waren, brachte die Sammelwut manchen Besucher
an Plätze, die er sonst eher gemieden hätte. Die letzten
Sticker gab es dann erst am Freitagabend ziemlich exakt nach dem
Ende der Verleihung der Max-Moritz-Preise, denn die ebenfalls
einzuklebenden Sieger sollten ja nicht schon zuvor verraten werden.
Wer sein Album dann komplettiert hatte, erhielt nach gründlicher
Inspektion durch das immer freundliche (keine Ironie!) Hilfspersonal
ein Salon-T-Shirt. Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle
an "Perry"-Redakteur Maikel Das, der als Erster sein
volles Album auf den Tresen des Hauses knallte. Pauli Diermeier
wurde zwar nur lachender Zweiter, konnte dafür aber die kürzeste
und schönste Künstlerbiografie im Salon-Programmheft
(ja vielleicht sogar auf der ganzen Welt) vorweisen. Vollzitat:
“Pauli ist ein Urgestein der Münchner Comic-Szene."
Gelegentlich
war auch zu vernehmen, dass diese Sammelwut vom eigentlichen Hauptthema
ablenke und gar zur Infantilisierung der Veranstaltung beitrage.
Doch nichts benötigte der Salon mehr als junge Besucher und
er bekam sie diesmal tatsächlich auch. Neben der Messe gab
es auch wieder eine gewaltige Anzahl von über 20 Ausstellungen,
die teilweise im etwas abgelegenen Museumswinkel stattfanden.
Dieser war jedoch problemlos und bequem durch Gratis-Shuttlebusse
zu erreichen.
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MANHUA
- COMIC IM CHINA VON HEUTE |
Stellvertretend
für die vielen Präsentationen sei die Ausstellung “Manhua
– Comic im China von heute“ genannt und gelobt. Das Thema China
hatte angesichts der Tagespolitik für den einen oder anderen
Besucher sicher einen etwas schalen Beigeschmack. Wer jedoch die
imposant in Szene gesetzte Werkschau von 17 chinesischen Comickünstlern
betrat, dem wurde klar, dass diese ganz gewiss mit einem erheblichen
zeitlichen Vorlauf entstanden ist. Der Besucher ging durch einen
abgedunkelten Saal über Holzstege, unter Riesenlampions,
vorbei an dampfenden Wasserflächen, hörte Bambusklänge,
sah Filmaufnahmen aus Shanghai und blickte gelegentlich sogar
einmal auf die Comiczeichnungen. Selbst die beeindruckenden Bilder
und Farben von Benjamin hatten erst beim zweiten Besuch eine schwache
Chance gegen das Gesamtkunstwerk Ausstellung.
Die
Durchführung der Verleihung des Max-und-Moritz-Preises war
deutlich kurzweiliger als sonst, zog sich jedoch am Ende etwas
hin. Statt der gefürchteten poetischen Clowns aus grauer
Vorzeit sorgte diesmal Jason Wrights fetzige Band “The Wright
Thing“ mit einer originellen Mariachi-Version von “Ein bisschen
Spaß muss sein“ oder einer mitreißenden Interpretation
des Klassiker “Always look on the bright Side of Live“ für
die dringend benötigten musikalischen Erholungspausen zwischen
den ausufernden Bandwurmsätzen vom Moderator Dennis Schecks.
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DIE
PREISVERLEIHUNG |
Die
Prämierten waren ganz sicher allesamt preiswürdig: Isabel
Kreitz für "Der 35. Mai"
(Bester Comic für Kinder), Reinhard Kleist für "Cash
- I see a darkness" (Bester deutschsprachiger Comic),
Anke Feuchtenberger (Bester deutschsprachiger Comickünstler),
Nicolas Mahler für "Flaschko
- Der Mann in der Heizdecke" (Bester Comic-Strip), David
B. für "Die heilige
Krankheit" (Bester Internationaler Comic), Jiro Taniguchi
für "Vertraute Fremde"
(Bester Manga), Olivier
Ka (Bester Szenarist) und "Plusplus" (Bester studentischer
Comic) -
weitere Details auf Comic.de
.
Doch
wenn jemand wie Hansrudi Wäscher einen Preis erhält
- man kann über sein sehr, sehr umfangreiches Wirken denken
was man will - dann doch bitte für das Lebenswerk und ganz
sicher nicht eine Gemeinschaftsprämierung im Doppelpack mit
Hannes Hegen (nichts gegen dessen Leistungen) für "Pionierleistung
in Ost und West". Wäscher – die zugehörige Ausstellung
war schon alles andere als ein Schmuckstück des Salons -
hätte genau wie Albert Uderzo (2004), Jacques Tardi (2006)
und Alan Moore, der sich in diesem Jahr ergreifend per Telefon
für seine Auszeichnung bedankte, einen “Sonderpreis für
ein herausragendes Lebenswerk“ und eine Standing Ovation verdient!
Auf
alle Fälle hat der diesjährige Comic-Salon gezeigt,
wie vital das Medium Comic ist. Wer in seinen Berichten zum Salon
auch diesmal wieder etwas von überwiegend vergreisten Besuchern
schreibt, hat nicht nur Unrecht sondern – schlimmer noch – er
war gar nicht in Erlangen!
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