Just Imagine....
Stell dir vor....du bist Stan "The Man" Lee, eine lebende Comiclegende
und Du sollst für Deinen größten Konkurrenten, dessen Comic-Universum neu
erfinden...was würdest Du tun? Würdest Du noch mal versuchen Alles zu geben?
Würdest Du versuchen, unumstößlich - ein für allemal - zu beweisen, dass Du
es besser - am Besten - kannst? Also, wenn ich mir vorstelle, Stan Lee zu sein,
ich würde...
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Was
Stan Lee sich selbst dabei gedacht hat, das bleibt wohl sein Geheimnis.
Jedenfalls sieht es nicht nach der letzten großen Kraftanstrengung
seines Lebensabends aus. Überall entsteht der Eindruck, dass hier
alles Mögliche zusammengeklaut wurde! Absicht?? Hat er schon immer
so gearbeitet? Und genau das möchte er mitteilen - als letzte große
Lebensbeichte? Offensichtlicher geht es wohl kaum! Wenn genau das
seine Absicht ist, dann Respekt!
Der junge Mann im Gefängnis,
der für die Taten seines Vaters büßt, ist unverkennbar Bane - Batmans
größter Widersacher. Der junge Mann im Gefängnis, der nach kurzer
Zeit zu einem "Robert Stroud der Fledermäuse" wird, ist
unverkennbar der "Birdman of Alcatraz". Der junge Mann
im Gefängnis, der nach ein paar Jahren Krafttraining zum unbezwingbaren
Athleten wird und sich sein Geld als Wrestler versucht zu verdienen,
ist unverkennbar Spider-Man. Nur funktioniert das leider nicht:
Das Kostüm von Batman und der Auftrag von Batman sind untrennbar
miteinander verwoben. Dieses Kostüm ist nicht nur mal eben eine
Verkleidung, damit man nicht erkennt, wer hinter der Maske steckt,
bei Batman ist dieses Kostüm Aufgabe und Fluch zugleich. "Kriminelle
sind ein feiges Pack und ich brauche eine Verkleidung, die Angst
in ihre Herzen sät."
Der Sturz des Bösewichtes in den Tod ist zwar das "Fitting
Ending For His Kind" - schlecht geklaut aus TEC #27, aber hier
ist es schon fast Mord. Selbst der Name "Wayne Williams"
scheint geklaut zu sein und weckt wenig gute Assoziationen in mir:
Wayne Williams ist eine reale Person, der Anfang der 80'er Jahre
in Amerika mehrere Kinder umgebracht hatte und landesweites Entsetzen
ausgelöst hatte. Der Name bleibt einem im Gedächtnis! Auch Stan
Lee? Wieder Absicht/Provokation oder nur ein "Versehen"?
Will Stan Lee so ganz bewusst darstellen, wie wenig sein JI: BATMAN
mit dem DC-BATMAN (Bruce Wayne) gemeinsam hat? Ich jedenfalls war
sehr entsetzt, diesen Namen hier zu lesen.
Selbst wenn der Leser versucht, alles, was er bisher von Batman
gelesen hat, zu vergessen (oder Neueinsteiger, die Batman nicht
kennen) und sich mit dem Versuch einfach eine gute Geschichte lesen
zu möchten dem Buch nähert, es gelingt nicht, irgend etwas Unterhaltsames
zu finden; es kommt gar keine Stimmung auf. Selbst wenn ich versuche,
mich reinzuversetzen in die Zeit, in der Batman das Licht der Welt
erblickte - es gelingt mir nicht, sie mir so oberflächlich und banal
vorzustellen wie in diesem Werk. Die - aus heutiger Sicht schlichten
und einfachen - Werke von Bill Finger und Bob Kane müssen bei weitem
eine größere Power auf die damalige Leserschaft gehabt haben, als
Stan Lee versucht es heute nachzuempfinden. Die Geschichte ist zu
einfach, zu dünn, als dass sie einmal in der Lage sein könnte ein
Stück Comicgeschichte geschrieben zu haben.
Die Spider-Man Geschichten, die Stan Lee seit Januar 1977 (und in
so vielen Jahren kann beurteilt werden, ob der Schreiber was kann
oder nicht) für die Comic Strips der Zeitungen schreibt (sein Bruder
Larry Lieber ist übrigens der Zeichner) sind zugegebenermaßen einfach
und glücklos - leider bietet Stan Lees Batman keinen Unterschied.
Was haben sich die Redakteure von DC dabei gedacht? Finden sie gut,
was Stan Lee hier abliefert? Wenn ja, was übersehe ich? Wenn nein,
warum haben sie es drucken lassen? Möchten sie sich an der Entmystifizierung
von Stan Lee beteiligen? Die Demontage, die Stan Lee sehr ungeschickt
an sich selbst vornimmt, seine diversen Selbstbeweihräucherungen
("Ich habe alles selbst gemacht") lassen leider erkennen,
dass hier ein Kapitel der amerikanischen Comicgeschichte schnellsten
geschlossen werden sollte. Einer (wohl wahren) Anekdote zufolge
soll die Idee zu "Just Imagine" (JI) bei einem Gespräch
zwischen Bob Kane und Stan Lee bei der Premiere des ersten Batman-Films
entstanden sein. Das hätte gepasst: Die beiden größten Egomanen
und Lügner des amerikanischen Comicbusiness ziehen gemeinsam ein
Ding durch...
Möchten die DC- Verantwortlichen, wenn Stan Lee nichts mehr schreiben
kann - der Tag wird kommen - nicht einer verpassten Chance nachtrauern?
Möchte sie "beweisen", dass die DC-Charaktere einmalig
und nicht - auch nicht annähernd - kopierbar oder austauschbar sind?
Oder geht es nur ums Geld? Immerhin sind wohl schon mehr als 60.000
Ausgaben verkauft worden. Hat bei allen der Verstand ausgesetzt
und haben sich hier rein wirtschaftliche Interessen durchgesetzt?
Aber dennoch möchte ich es nicht glauben, dass mein Eindruck wahr
sein könnte. Wer weiß, wie sich die folgenden elf Titel noch entwickeln
werden? Welche (unerwarteten) Wendungen uns vielleicht noch erwarten.
Reverend Darrk könnte das verbindende Element sein, dass alle Handlungen
umschließt. Seine Person ist in JI: BATMAN eingeführt worden und
es ist noch nicht erkennbar warum. Wird er eventuell der große Widersacher,
gegen den die JI:JLA antreten muss? Ein endgültiges Urteil steht
also noch aus. Schließlich stehen ja noch solche Highlights wie
JI: CRISIS und JI: JLA an. Das Gesamtkonzept ist vielleicht noch
nicht ganz ersichtlich. Vielleicht entspinnt sich noch ein intelligenter
Handlungsfaden. Schließlich sind noch nicht alle Fakten bekannt.
Wer wird der JI: ROBIN sein, der noch auftreten wird, wer werden
die Mitglieder der JI: JLA sein? Auch dieser Batman? Wie wird es
sein, wenn sich der JI: BATMAN und der JI: SUPERMAN treffen werden?
Auch die Zeichnungen bleiben stark hinter meinen Erwartungen zurück.
Ich liebe Joe Kuberts Kunst - keine Frage, aber das ist nicht mehr
der Joe Kubert, den ich erhofft hatte. Ich kenne seine wilden Zeichnungen
aus den Anfangszeiten von Tarzan (ab 1971). Was hätte er einem Batman,
der wirklich aussieht wie eine Fledermaus für ein Leben einhauchen
können?! Wollte er nicht oder durfte er nicht? Oder kann er nicht
mehr? Ich will es nicht glauben! So habe ich beim Lesen nur durchgehalten,
weil ich hoffte, dass es besser werden könnte bzw. weil ich Angst
hatte vielleicht doch etwas zu verpassen. So bleiben sehr viele
Fragen! Wieder Absicht oder einfach nur kein Konzept? Ist - soll
das das Spannende sein? So sehr ich es vermeiden möchte zu sagen,
aber ich habe das ungute Gefühl, dass der Rest der Serie auch floppen
wird. Vom Rest erwarte ich noch große Kunst - die Namen, der Künstler,
die noch ausstehen, lassen wieder nur Gutes vermuten - aber die
Geschichte scheint nur schwer wieder an Fahrt gewinnen zu können.
Ich hoffe, ich habe Unrecht! Wie gerne wäre ich bereit, meinen ersten
Eindruck zu revidieren .........
Norbert Elbers
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