Keiji Nakazawa war am 6. August 1945 sechs
Jahre alt und hat damals den Abwurf der Atombombe über Hiroshima
er- und überlebt. Als zwanzig Jahre später seine Mutter an den
Folgen der radioaktiven Verstrahlung starb, beschloss der mittlerweile
als Comiczeichner tätige Nakazawa seine Erlebnisse vor und nach
dem Bombenabwurf zu Papier zu bringen.
Nach einigen kürzeren Geschichten zu diesem
Thema schrieb und zeichnete er den 900-seitigen autobiographischen
Manga "Barfuss durch Hiroshima". Die Geschichte erschien
ab 1972 in 16-seitigen Episoden in unterschiedlichen Publikationen
u. a. im auflagenstärksten japanischen Manga-Magazin "Shonen
Jump" zu einer einer Zeit als japanische Schulbücher
sich überhaupt nicht mit der Atombombe beschäftigten.
Nakazawas Geschichte beginnt vier Monate
vor dem Atombombenabwurf. Hauptfigur ist der sechsjährige Junge
Gen (japanisch für "Wurzel" oder "Quelle"),
dessen fünfköpfige Familie starken Repressalien ausgesetzt ist,
weil sein Vater ein Gegner der aggressiven japanischen Kriegspolitik
ist. Die Nachbarschaft und Umgebung von Gens Familie wird als
fanatisiert geschildert und die Kriegstreiberei als selbstmörderisch.
Einzige positive Figur in Gens Umfeld ist ein deportierter Koreaner,
was auch noch aus heutiger Sicht sehr progressiv für japanische
Verhältnisse anmutet. Der Abwurf der Atombombe erscheint
in diesem Umfeld als unvermeidliche (ja beinahe schon angemessenes)
Resultat einer kriegslüsternen Gesellschaft.
Die Tatsache, dass Nakazawa "die
Schuld an der Bombardierung allein dem militaristischen Nationalismus
seiner Landsleute und nicht der Realpolitik des westlichen Rassismus"
gibt, ist laut Art Spiegelmans
lesenswerten Vorwort, dann auch der einzige Makel an "Barfuss
durch Hiroshima".
Das simple gezeichnete aber nicht simpel
gestrickte Werk macht die Katastrophe nachfühlbar und wurde mehrmals
verfilmt. Es erschien bereits 1982, also lange vor dem Manga-Boom
beim Rowohlt Verlag. Doch damals wurde unter dem Untertitel "Eine
Bildergeschichte gegen den Krieg" nur der erste Band veröffentlicht,
der eher die Vorgeschichte und weniger die drastischen Folgen
des Atombomben-Abwurfs schildert. Carlsen verlegt jetzt in deutlich
besserer Druckqualität und ebenfalls in "westlicher Leserichtung",
aber diesmal mit meist gekonterten Einzelpanels
endlich eine vierbändige Gesamtausgabe dieses Meilensteins
der Comicgeschichte.
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