Lange
musste der Starautor Grant Morrison warten, bis er endlich eine Superman-Geschichte
schreiben durfte, eine Geschichte über den Helden, den er so besonders
liebt. Schon oft hatte er den Verantwortlichen von DC seine Vorstellungen
über den Stählernen präsentiert, aber seine Gedanken gingen den Redakteuren
für den monatlichen Mainstream zu weit. Und so bot sich dann endlich
die Chance, als DC eine neue monatliche Serie aus der Taufe hob, die
frei von Continuity-Problemen war und in der man neue und unverbrauchte
Geschichten schreiben durfte: Das Konzept von ALL STAR war geboren.
Gestartet wurde mit "All
Star Batman & Robin, the Boy Wonder" vom Team Frank
Miller und Jim Lee. Wie hier die besten der Kreativen den alten
Ikonen aus dem Hause DC neues Leben einhauchen durften, so war es
bei Superman niemand anderes als Grant Morrison. Ihm zur Seite wurde
Frank Quitely gestellt, beide zusammen hatten schon in den letzten
Jahren bei den X-MEN für Aufsehen gesorgt.
Immer wieder wird zwar betont, dass
das ALL STAR-Konzept keine "Ultimatisierung" des DC-Universums
sei und dass die neuen erzählten Geschichten auch zur bekannten
Continuity gehören sollen, aber dennoch soll die Serie genug
Raum bieten, um zeitlose und ewig junge Geschichten hervor zu bringen.
Diese vorliegende Arbeit ist nicht
die erste gemeinsame Arbeit der beiden Kreativen Morrison/Quitely
für DC. Zuvor schufen sie schon zusammen "JLA: Earth 2"
(dt. bei Dino JLA Sonderband #19).
Der Ansatz von Morrison ist eine
Mischung aus bekannten Elementen und völlig neuen Ideen. Sein
Clark Kent ist der etwas schusselige Reporter, der immer zu spät
kommt, weil er noch eben die Welt retten muss. Er liebt Lois und
Lois liebt Superman. Lex Luthor ist der ebenso geniale wie gemeine
Erzschurke von Superman. Ihm gelingt es, dem Mann aus Stahl eine
Falle zu stellen und bei einem wissenschaftlichen Experiment, das
von einem reichen und selbstlosen Mäzen finanziert und durchgeführt
wird – er möchte bei einer Expedition zur Sonne ein Stück
von ihr zur Erde bringen um das Geheimnis der Fusion zu ergründen
– einen beteiligten Astronauten (ein Metawesen) unter seine Kontrolle
zu bringen. Dieser droht die ganze Mannschaft und das Raumschiff
zu zerstören. Was ihm auch gelänge, wenn nicht Superman
in letzter Sekunde das Schlimmste verhindern würde. Er bringt
die Kapsel wieder heil zur Erde und muss nun leider erfahren, dass
sein Körper durch die viel zu nahe Exposition zur Sonne droht
zu kollabieren. Er wird sterben müssen.
|
|
|
|
Aber bald hat Lois Geburtstag und
für diesen Tag hat sich nun Superman etwas ganz Besonderes
ausgedacht: Er wird ihr sagen, wer er ist und sie in seine Festung
der Einsamkeit im ewigen Eis mitnehmen. Die Festung wird von Quitely
beeindruckend in Szene gesetzt und gleicht mehr der bekannten Silver-Age
Version, als späteren Interpretationen. Hier findet man die
bekannten Roboter von Batman, Robin und Jimmy Olsen & Co. ebenso,
wie den gigantischen Joker-Penny und die durchsichtige Blase, die
die Zeitmaschine ist, mit der die Mitglieder der Legion der Superhelden
durch die Zeit reisten. Diese Darstellung der Festung der Einsamkeit
ist eine Hommage an die Geschichte "The Super-Key to Fort Superman"
von ACTION COMICS #241 vom Juni 1958 (dt. bei Ehapa in Superman/Batman
12/1968.3, "Der Superschlüssel zum Fort Superman".
In dieser Geschichte tauchte die bekannte Festung mit ihrem gigantischen
Schlüssel zum ersten Mal auf, hier schlich sich Batman in die
Festung indem er sich in den riesigen Schlüssel einschweißte
und fortan in der Festung Superman Streiche spielte; sollte ein
Geschenk sein zum Jahrestag der Landung seiner Rakete auf der Erde.
Am Ende spielt Superman aber Batman einen Streich. Solche Geschichten
sind zeitlos und jeder Superman-Fan kennt sie wohl. Und genauso
möchte Morrison seine Geschichten auch verstanden wissen. Sie
sollen anrühren und den Leser mitnehmen in eine abenteuerliche
Welt. Und in dieser Festung gibt es auch Hinweise an andere Geschichten,
wie diese von Morrison selbst erdachte zu "DC ONE MILLION":
In der Festung gibt es ein Seun-Eater-Baby, dass mit Sonnen gefüttert
werden muss, die Superman selbst schmiedet auf dem Kosmischen Amboss
von Neu-Olympus.
Beim Rundgang durch die Festung darf
Lois in jedes Zimmer schauen – nur nicht in einen bestimmten Raum.
Dies ist eine Anspielung auf das (wieder Mal zeitlose) Märchen
von König Blaubart.
Morrison ist eine Art Jules Verne des 21. Jahrhunderts. Seine Ideen und Vorstellungen über die Zukunft und den damit verbundenen technischen Fortschritt sind phantastisch. Er sprüht (wie man es eben von ihm gewöhnt ist) nur so vor Einfallsreichtum und Kreativität. Morrison geht es gar nicht darum "realistische" Comic-Geschichten zu schreiben, sondern wunderbare, zauberhafte und utopische – aber in sich schlüssige – Storys, die anrühren und die typischen Themen der Menschlichkeit verarbeiten: Liebe, Scham, Angst, Tod und Freundschaft.
Morrison möchte einen 12-teiligen
Run abliefern, der ein wenig von Science-Fiction hat, aber ebenso
menschlich wie unterhaltend und atemberaubend ist. In seinen ersten
beiden Geschichten ist ihm dies zweifelsohne sehr gut gelungen.
Wie im ersten Heft zu erfahren war,
hatte Supermen bei der Rettung von Helionauten (Astronauten auf
einer Mission zur Sonne) seinen Körper zu sehr der Sonnenstrahlung
ausgesetzt und seine (Solar-)Zellen scheinen diese Überladung
nicht unbeschadet überstanden zu haben – er ist dem Tode geweiht.
Aber dennoch oder gerade deshalb hat er seiner Lois Lane seine Geheimidentität
als Clark Kent offenbart und sie in seine Festung der Einsamkeit
eingeladen – und nun erhält sie ihr Geburtstagsgeschenk: Eine
Ampulle mit einem Serum, das sie für 24 Stunden genauso super
sein lässt wie Superman selbst.
Und so ziehen sie nach Metropolis
um nach dem Rechten zu sehen. Dort erscheinen neben einem urzeitlichen
Dinosaurier-Tyrannen aus dem Erdinneren auch noch zwei göttergleiche
Heroen, die unverblümt Lois Lane den Hof machen. Der eine ist
der zeitreisende Samson aus dem Jahr 2061 und der andere ist Atlas,
ebenfalls ein Superman der Mythologie. Atlas löst das Problem
mit dem Dino, indem er ihn kurzerhand ins Weltall hinaus wirft.
Und damit möchte er Lois beeindrucken. Der wahre Superman kann
diese Lösung ganz und gar nicht akzeptieren, da im luftleeren
Raum dieser sterben würde – also holt er ihn wieder zurück
zur Erde, was Lois auch besser findet.
Schließlich einigt man sich darauf
den Stärksten durch Armdrücken heraus zu finden. Superman siegt
problemlos und die beiden Unterlegenen haben nun gebrochene Arme.
Nach der Geburtstagsfeier auf dem Grunde des Meeres gibt es noch
eine sehr romantische Kussszene auf dem Mond. Sehr poetisch wird
dies beschrieben und herrlich von Quitely bildlich dargestellt.
Der Tag geht zur Neige, die Superkräfte schwinden und eine völlig
erschöpfte Lois fällt in den Schlaf, noch ehe Superman ihr seine
so wichtige Frage stellen kann. Der Heiratsantrag muss wohl noch
etwas warten. Und bis dahin kann noch so viel passieren. Hatte Samson
nicht eine Ausgabe des Daily Planet aus der Zukunft mitgebracht
mit der Überschrift: "SUPERMAN TOT"??
|
|
|
|
Wie immer sind die Plots bei Morrison
lang angelegt und man darf sicherlich auf die Auflösung noch
lange warten. Schließlich wird die Zusammenarbeit von Morrison/Quitely
bei All Star Superman ca. zwölf Hefte umfassen. Die zweite
Geschichte im Heft ist Supermans Freund Jimmy Olsen gewidmet. Durch
schwarzes Kryptonit wird Superman böse und nun liegt es an
Jimmy, ihn zu retten. Schwarzes Kryptonit ist recht neu im DC-Universum
– eingeführt wurde es in der Folge "Crusade" in der
vierten SMALLVILLE-Staffel. Es kann krytonische Wesen in zwei Körper
splitten. Und im Comic-Universum debütierte das radioaktive
Gestein in der neuen Supergirl-Serie im Jahr 2005, die jetzt auch
bei Panini innerhalb der Serie "100% DC" veröffentlicht
wurde.
Wie immer sind die Ideen von Morrison
schrill und spektakulär, liebevoll altmodisch und unkonventionell
progressiv. Die Bildsprache von Quitely ist ausdrucksstark und sein
Talent Mimik und Gestik darzustellen einzigartig. Das Team Morrison/Quitely
ist u.a. bekannt für ihren Run bei Marvel, "New X-Men" und bei DC
für "JLA: EARTH 2" (deutsch bei Dino, JLA Sonderband #19). "Frank
Quitely" ist sein Pseudonym – der richtige Name des schottischen
Künstlers ist Vincent Deighan. "Frank Quitely" ist ein Wortspiel
für "quite frankly". Morrison und Quitely sind übrigens beide in
Glasgow geboren.
Norbert Elbers
"All
Star Superman" bei AMAZON bestellen, hier anklicken
"All
Star Superman" bei ebay kaufen, hier anklicken
"All-Star
Superman" als DVD bei AMAZON bestellen, hier anklicken
"All-Star
Superman" als Blu-ray bei AMAZON bestellen, hier anklicken
|