1937 lernte
der 20-jährige Offiziersanwärter Fritz Hartnagel die vier Jahre jüngere
Sophie Scholl kennen. Dies geschah auf einer Tanzveranstaltung und
beide verliebten sich. Sie konnten jedoch in den nächsten Jahren nur
sehr wenig Zeit miteinander verbringen, da Hartnagel als Soldat immer
wieder an andere Örtlichkeiten versetzt wurde. Doch der Kontakt konnte
durch einen regen Briefwechsel aufrecht erhalten werden. Hierin kommt
die Sehnsucht zum Ausdruck, die die beiden jungen Menschen auf ein
baldiges Wiedersehen hoffen lässt. Der tragische Ausgang nicht nur
dieser Beziehung dürfte bekannt sein, Sophie Scholl und ihr Bruder
Hans wurden wegen ihrer Beteiligung am Widerstand der Gruppe “Die
weiße Rose“ am 22. Februar 1943 zum Tode verurteilt und noch
am selben Tag hingerichtet.
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Fritz
Hartnagel schien nur eine Randfigur innerhalb dieser tragischen
Geschichte zu sein, doch sein sehr reger Briefwechsel mit Sophie
Scholl zeigt wie stark sein Leben von deren klaren moralischen Vorstellungen
geprägt wurde. Hartnagel ist aus einer Mischung aus Abenteuerfreude
und naiven Nationalismus Soldat geworden. Im Briefwechsel lässt
es Sophie ihm nicht durchgehen, wenn er die angeblichen soldatischen
Tugenden innerhalb der Wehrmacht losgelöst vom Nationalsozialismus
sieht. Argumentativ steht der vier Jahre ältere Hartnagel hier
auf sehr schwachen Füßen, was ihn jedoch nicht von Sophie
Scholl entfremdet, auch wenn seine Brief-Anrede “Meine liebe
Sophie!“ gelegentlich auf ein “Liebe Sophie!“
zurückfällt. Vielmehr ist Sophie Scholl für Hartnagel
ein moralischer Anker an dem er sich zeitlebens gebunden fühlt.
Nach Kriegsende engagierte sich Hartnagel, der Sophies ein Jahr
ältere Schwester Elisabeth heiratete, gegen die Wiederbewaffnung,
für Kriegsdienstverweigerer und in der Friedensbewegung.
Eigentlich ist es ja etwas indiskret den oftmals auch sehr intimen
Briefwechsel zu lesen, wie er zum noch erhaltenen Großteil
in einem von Hartnagels Sohn Thomas herausgegebenen Buch enthalten
ist. Doch die Erkenntnisse, die spätere Generationen daraus
gewinnen können, lassen alle Bedenken recht bald verblassen.
Der Leser enthält einen direkten ungefilterten Eindruck davon,
was es bedeutet in einer Diktatur zu leben und für diese auch
noch seinen Leben in Kriegseinsätzen zu riskieren. Bei der
Lektüre scheint der Leser direkt dabei zu sein, hofft dass
es Fritz und Sophie durch ein gelegentliches persönliches Wiedersehen
gelingt ihre kleinen Glücksinseln innerhalb des für sie
so tragisch verlaufenden Weltgeschehens zu finden und empfindet
große Wut darüber, dass so vielen Menschen ihre Jugend
geraubt wurde.
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