"Die
utopische Konstruktion als ethisches Veto – […] zur Visualisierung
der Dialektik einer liberalen Eugenik.“ Was, Sie haben nichts
verstanden? Macht nichts, ich auch nicht. Bei diesem Titel handelt
es sich im übrigen nicht um die Seminararbeit eines aus wohlhabendem
Hause stammenden Studenten der Soziologie und Politikwissenschaften
im 43. Semester, sondern um einen Artikel aus dem Heyne Science Fiction
Jahr 2008. Aber Erschrecken ist nur teilweise berechtigt, denn wie
jedes Jahr bietet der etablierte Almanach nebst pseudointellektueller
Heißluft auch genug Lesefutter für normalsterbliche Terraner. Der
Romanteil widmet sich anlässlich der Neuverfilmung von Mathesons "I
Am Legend“ mit Will Smith u.a. der Apokalypse in der SF und dem
Frühwerk Robert A. Heinleins, Interviews werden geführt mit Ursula
K. Le Guin, Charles Stross und Andreas Brandhorst. Neben der Fiction
fehlt auch die Science nicht, so erfahren wir die Wahrheit über den
Klimawandel und bekommen "111 lesenswerte Neuerscheinungen zu
Wissenschaft und Philosophie“ vorgestellt – an tiefgründigem Lesestoff
für die nächste Zeit mangelt’s uns also nicht.
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Der
Themenschwerpunkt bei den Essays heißt 2008 "Utopia,
mon amour“ und widmet sich Utopien und Dystopien von Karl
Marx bis Torn Chaines. Sehr lesenswert (aber viel zu kurz geraten)
die Ausführungen meines Landsmanns und Kurd-Laßwitz-Preisträgers
Franz Rottensteiner über die Anfänge des SF-Fandoms im
deutschen Sprachraum. Viel geändert scheint sich in den letzten
50 - 60 Jahren nicht zu haben – immer noch macht es den diversen
SF-Clubs offenbar mehr Spaß, Mitglieder auszuschließen
als anzuwerben. Die Stutenbissigkeit ist immerhin eine Konstante
im Leben des wackeren SF-Nerds (traditionell ohne Freundin, aber
mit dicker Brille), und so gibt es noch heute mindestens ein Dutzend
konkurrierender SF-Clubs allein im deutschen Sprachraum. Nicht jeder
kann Kalif werden an Stelle des Kalifen – so eröffnet
man eben sein eigenes Kalifat.
Positiv
ins Auge sticht für uns Comic-Liebhaber natürlich der
stark erweiterte Comic-Teil. Ausführliche Artikel widmen sich
u.a. der schicken deutschen Neuausgabe von Don Lawrences "Storm"
sowie dem 50 – Jahresjubiläum des Weltraumpioniers "Nick"
und dem 80. Geburtstag seines Schöpfers Hansrudi
Wäscher. Fans sollten hier unbedingt einen Blick wagen,
denn der Artikelautor hat am 12. April 2008 ein Telefoninterview
mit dem Altmeister geführt, in dem auch einiges interessante
Neue zur Sprache kommt, so z.B. der Einfluss von H.G. Wells (wir
erinnern uns an die Zeitmaschine in "Roy Stark") und Kritik
an seinen Nachfolgeautoren bei "Nick".
Der alljährliche Marktbericht ist einerseits sehr brauchbar,
weil man in dem Wust der Neuerscheinungen doch leicht den Überblick
verliert, doch die nackte Aneinanderreihung von unzähligen
Titeln ist leider wie gehabt sehr unübersichtlich. Eine Faszination
für sich sind die (penibel aufgelisteten) SF-Preise. Hier fühlt
man sich an Wang Shuos Roman “Oberchaoten“ erinnert
(solltet ihr nicht wissen, worauf ich anspiele: betrachtet das als
ausdrückliche Leseempfehlung). In den USA wird anscheinend
nach wirklich jedem verblichenen SF-Autor ein Preis benannt.
Das hat den angenehmen Nebeneffekt, dass offenbar wirklich jeder
lebende SF-Autor auch garantiert einen abbekommt. Unter der Flut
an Preisen fällt der "Gaylactic Network Spectrum Award“
ins Auge: ausgezeichnet wird hier der schwulste SF-Roman. Man kann
nur hoffen, dass sich der solcherart ausgezeichnete Autor auch wirklich
geehrt fühlt.
Fazit:
Wie jedes Jahr war das nur ein kleiner Auszug aus dem 1500seitigen
Sammelsurium, bei dem sicherlich für jeden etwas dabei ist.
Qualität und Sinngehalt von so manch einem Artikel sind wiederum
sehr diskutabel, aber was soll’s? Wirft man einen Blick in
die SF-Abteilung einer Buchhandlung, hat man leider bei all dem
vorherrschenden Star Trek/Wars - Zeugs in Buchform den Eindruck,
es gäbe nur noch Merchandising-SF-Literatur. Dass dem nicht
so ist, zeigt dieser Almanach, der so manche interessante Leseanregung
bietet und zeigt, dass die SF-Szene im deutschen Sprachraum nach
wie vor sehr lebendig ist.
Stefan
Meduna
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