Highlightzone Buch - Hubert Mittler: Prinz Eisenherz oder: Das Mittelalter in der Sprechblase

Enten und Edelmänner

Autor:

Hubert Mittler

Titel:

Prinz Eisenherz oder: Das Mittelalter in der Sprechblase

Originaltitel:

Umfang:

296 Seiten

Format:

Taschenbuch

Preis:

EUR 51,50

Verlag:

Peter Lang GmbH – Internationaler Verlag der Wissenschaften

ISBN:

9783631574058

Website:

www.peterlang.de

“Ein Abgleich des Bildes zwischen Ritter und Rittertum (1000-1200) zwischen historischer Fachwissenschaft und den historisierenden Comics Prinz Eisenherz und Die Türme von Bois-Maury ist das Thema dieses Buches.“ So weit der Klappentext. Bei der Nennung der Titel "Prinz Eisenherz“ von Hal Foster und "Die Türme von Bo(i)s-Maury“ von Hermann Huppen (warum Carlsen bei der deutschen Fassung ein „i“ unterschlagen hat, wissen die Götter) lacht wohl das Herz jeden Comic-Fans, denn beide Serien zählen zum Besten, was je auf dem Gebiet der Comics geschaffen wurde.

Zwei Serien, die jeweils zu einer anderen Zeit, in einem anderen Land, für ein anderes Medium, für ein anderes Publikum geschaffen wurden. Ein Vergleich gestaltet sich da natürlich außerordentlich schwierig, Hubert Mittler hat den Versuch gewagt – schlecht ist es natürlich, wenn man wie er diese Hintergründe komplett ausklammert. Wie es etwa der Fall ist, wenn er die realistische Zeichnung mittelalterlicher Grausamkeiten bei Hermann lobend erwähnt, und Fosters Darstellung von Tod und Sterben als verniedlichend empfindet. Selbst wenn Foster eine realistischere Darstellung gewollt hätte, sie wäre nicht gedruckt worden. So manche Ausschweifungen erwecken auch den Eindruck der Zeilenschinderei, wie zum Beispiel diese: "Kritik muss sich auch die Tatsache gefallen lassen, dass fast sämtliche Aussagen, Rezensionen und Kritiken an Fosters Arbeit in Comicfachmagazinen oder Fanzines erschienen sind. Das bedeutet, dass auch die Verfasser dieser Artikel in der Mehrzahl Comicfans sind und von diesem Standpunkt aus ihre Abhandlungen unkritisch geschrieben haben.“ Warum Mittler den Autoren in Comicfachmagazinen jegliche Kritikfähigkeit abspricht, entzieht sich meiner Kenntnis. Doch nicht einmal der nerdigste Comicfan wäre wohl wie er auf die Idee gekommen, Parallelen zwischen Eisenherz und Donald Duck zu suchen: ("auch Donald Duck ist oftmals derart gekleidet“ [auf die Farben bezogen, Eisenherz trägt selten hosenlosen Matrosenanzug]; "beide sind manisch Reisende“). Auch so manche Pauschalaussage des Autors über die Lebenswelten und die weltanschaulichen Ansichten der Menschen des vielleicht gar nicht so finsteren Mittelalters ist wissenschaftlich nicht haltbar. Derart immer wieder auftauchende merkwürdige Schlussfolgerungen trüben den eigentlich positiven Gesamteindruck der Arbeit.

Fazit: In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei vorliegendem Text um eine Dissertation handelt, sind Aussagekraft und wissenschaftlicher Nutzwert letzten Endes doch eher enttäuschend. Es ist natürlich positiv zu sehen, dass die jahrzehntelang verfemte "neunte Kunst“ Gegenstand wissenschaftlicher Arbeiten wird, bei dem faszinierenden Thema dieses Buches bleibt der Autor aber leider weit hinter dessen Möglichkeiten zurück. Trotzdem sollten vor allem Comicfreunde einen Blick riskieren, denn bei aller Kritik sind die Betrachtungen dieser beiden Klassiker im historischen Kontext sehr anregend zu lesen und tragen vielleicht dazu bei, dass man bei der erneuten Lektüre dieser Comics diese aus einem ganz neuen Blickwinkel betrachtet. Auch Zitate aus Briefen und persönlichen Gesprächen Hermanns mit dem Verfasser verraten einiges Neue über die Arbeitsweise des Künstlers. Ein durchaus interessantes, wenn auch kontroverses Sachbuch.

Stefan Meduna

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