"Rostock ist im wahrsten Sinne des Wortes eine >Heimat<-Stadt,
sie hat etwas von Heimat an sich, ganz allgemein, wie Göttingen
etwa, man kann nicht begreifen, dass es Menschen gibt, die diese
Stadt nicht mögen: die alten Kirchen und Tore, die Universität…
die See nicht zu vergessen! – so wenig wie man es versteht, wenn
Menschen sagen >Heimat? Ich bin überall zu Haus.< Leute
ohne eine Bindung an Heimat sind mir verdächtig.“
Wie wahr, wie wahr. Und die beileibe nicht immer gute alte “Hamit“
ist auch –wie bereits der Titel diskret andeutet- das zentrale
Thema für Walter Kempowskis manchmal recht melancholische,
immer aber humorvolle Erinnerungen an ein bedeutsames Jahr jüngerer
deutscher Geschichte.
Nach “Sirius“, Kempowskis Tagebuchaufzeichnungen aus dem Jahre 1983,
und “Alkor“ (1989) folgt nun mit “Hamit“ (1990) der dritte Band
“einer Art von Tagebüchern“.
Und es ist nicht nur ein schicksalhaftes Jahr für Deutschland,
sondern auch für Kempowski und seinen Bruder Robert. Zum
ersten Male nach Jahrzehnten sehen sie die “Hamit“ und die Geburtsstadt
Rostock wieder, und es ist eine Konfrontation mit mehr als bitteren
Erinnerungen.
1948 waren die Brüder von einem sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt worden, von denen Kempowski acht Jahre absaß. (Er verarbeitete diese tragischen Erfahrungen 1969 in seinem Erstlingswerk “Im Block“ und im TV waren diese Erlebnisse auch innerhalb der Serie “Tadellöser & Wolff“ zu sehen).
Die Tragik seiner Jugend konnte Kempowskis Humor nicht schmälern
– so haben wir es in seinen Tagebüchern mit einem bunten
Bilderbogen an Eindrücken und oftmals recht skurrilen Einblicken
in die deutsche Seele zu tun.
“>Man sieht, dass er ein Schriftsteller ist< sagte Mathilde
zu Hildegard. Wieso? >Brille, Schnurrbart, und weil er so klug
aussieht.<“
Und weil Kempowski nicht nur so klug aussieht, sondern im krassen
Gegensatz zu so manch untalentiertem Schreiberling mit korrekter
Gesinnung zweifellos auch einer der sehr, sehr wenigen tatsächlichen
deutschen Intellektuellen ist, stellt auch sein neuestes Werk
eine unbedingte Bereicherung für jeden Bücherschrank dar. “Hamit“
ist ein wunderbares autobiographisches Sammelsurium aus persönlichen
Erinnerungen, Beobachtungen und Bonmots –angereichert mit vielen
Fotos- und nicht nur ein Zeitdokument von Momentaufnahmen deutscher
Geschichte, sondern bietet auch tiefe Einblicke in die Arbeit
und den Alltag eines der bedeutendsten zeitgenössischen Literaten
Deutschlands. Ein kleines, feines und nicht immer stilles Meisterwerk
- und eine unbedingte Empfehlung!
Stefan
Meduna
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