Pünktlich
wie Osterhase oder Weihnachtsmann schneit uns auch alljährlich
zur selben Zeit das "Guinness
Buch der Rekorde“ (nunmehr "Guinness World Records“
genannt) ins Haus. Schon ein flüchtiges Durchblättern
zeigt uns: hier regiert der gepflegte Nonsens, bei Rekorden wie
“Schnellste Zeit, um sechs Eier mit den Füssen in Eierbecher
zu stecken“ fühlt man sich stark an eine Programmvorschau
zu “Wetten dass“ erinnert. Rubriken wie „Weltraum“
oder “Lebensraum Erde“ gibt’s zwar immer noch,
aber die pädagogisch wertvollen Inhalte gehen inmitten all
der Skurrilitäten unter.
Gnadenlos
rausgeflogen sind die meisten Rekorde, die nicht lebensgefährlich
oder verrückt genug sind, so wurde die Kategorie “Comicsammlung“
leider gänzlich gestrichen. Viele Jahre wurde der im Juli 2007 leider
viel zu früh verstorbene Comic-Doyen Norbert Hethke als Besitzer
der größten Comic-Sammlung geführt, Altmeister Hansrudi Wäscher
als produktivster Comiczeichner. Wer nun die Krone der Sammler beanspruchen
darf, ist unbekannt, unter “Sammlungen A-Z“ vermerkt man nur lax:
“C – keine Daten in der Datenbank vorhanden“.
Wirklich
entbehrlich wäre die Aufnahme von Rekorden, für die der
Leser einen starken Magen braucht, wie Typen mit Schlangen im Mund,
Glassplittern im entstellten Gesicht (“meiste durchlaufene
Sicherheitsglasscheiben“) und einiges Unappetitliche mehr,
über das ich hier lieber den Mantel des Schweigens breiten
will. Die Grenzen der Geschmacklosigkeit dürften spätestens
mit dem Foto des kleinen afrikanischen Jungen, dem ein Löwe
einen Arm abgebissen hat (Rubrik: “Meiste Tote durch Löwenangriffe“)
sehr weit überschritten worden sein.
Eher
gesundheitsschädlich dürften auch die “Meisten Fußtritte gegen den
eigenen Kopf“ (77) sein, der Rekordhalter ist wohl jetzt nur mehr
fürs EU-Parlament zu gebrauchen. Rätsel gibt der Rekord mit den
meisten Bremer Stadtmusikanten (1499) auf, denn die waren bekanntlich
vier. Da waren einige Truppen wohl nicht ganz komplett. Schiebung!
Fazit:
Der frühere Lexikon-Charakter ist gänzlich verschwunden, die Umwandlung
zum Schmökermagazin in Buchform ist nun wohl endgültig vollzogen.
Dem Unterhaltungswert war das natürlich zuträglich, dennoch trauert
man den vielen weggelassenen Kategorien sehr nach. Nichtsdestotrotz
wird auch dieses Jahr das Buch der Rekorde unter vielen Weihnachtsbäumen
liegen und für viele Stunden (teilweise sehr makabere) Unterhaltung
sorgen.
Stefan
Meduna
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